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Archiv-Artikel

CHRISTIAN RATH ÜBER DIE MILLIARDENURTEILE IM FALL YUKOS Richter oder Schiedsrichter

Nein, die aktuellen Urteile gegen Russland haben nichts mit der Ukrainekrise zu tun und sind auch keine versteckten Sanktionen. Sie betreffen Vorgänge aus dem Jahr 2004, als die russischen Behörden den Ölkonzern Yukos von Michael Chodorkowski zerschlugen – angeblich weil er Steuern hinterzogen hatte.

Dass nun binnen weniger Tage gleich zwei milliardenschwere Urteile in dieser Sache bekannt werden, mag Zufall sein, lädt aber zu Vergleichen ein. Der Internationale Schiedsgerichtshof in Den Haag urteilte, dass Russland die gigantische Summe von 37 Milliarden Euro an die Ex-Yukos-Eigner zahlen muss. Dagegen verlangt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte „nur“ die Zahlung von 1,9 Milliarden. Dahinter stecken auch unterschiedliche Vorwürfe: Der Haager Schiedshof wirft den russischen Behörden ein abgefeimtes Spiel vor, um Yukos in den Konkurs zu treiben und Michael Chodorkowski politisch auszuschalten. Die Straßburger Richter haben dagegen nur Detailkritik am russischen Steuerverfahren.

Reizvoll ist der Vergleich vor allem, wenn man bedenkt, dass der Den Haager Schiedshof aufgrund eines Vertrags zum Investorenschutz zum Einsatz kam. Die „Energiecharta“ sichert Investorenrechte gegen willkürliche Enteignungen – wie es auch beim hoch umstrittenen EU-US-Freihandelsabkommen TTIP geplant ist. Bestätigen sich hier nun also die Befürchtungen der TTIP-Gegner? Werden stolze Staaten von schlecht legitimierten Gerichten mit exzessiven Urteilen in den Ruin getrieben?

Es könnte aber auch sein, dass die Haager Schiedsrichter einfach gründlicher und mutiger waren als die Straßburger Richter. Einen Vorteil hat das moderate Straßburger Urteil zumindest. Es dürfte leichter zu vollstrecken sein als die Monsterforderung aus Den Haag.

Wirtschaft + Umwelt SEITE 8