CDU UND SPD WOLLEN MITTELSTÄNDLERN HELFEN, DIE SICH SELBST HELFEN : Überflüssige Steuerreform
Huch, haben Union und SPD etwa schon die große Koalition ausgerufen? In einem Punkt scheinen sich die Parteien bereits einig: Der CDU-Finanzexperte Friedrich Merz und die SPD-Finanzstaatssekretärin Barbara Hendricks wollen beide eine „große Steuerreform“ für Unternehmen. Bisher geht es dort recht unübersichtlich zu. GmbHs und Aktiengesellschaften zahlen Körperschaftsteuer in Höhe von 25 Prozent – während die allermeisten Mittelständler der Einkommensteuer unterliegen, die progressiv bis auf 42 Prozent ansteigt. Nun wollen Merz und Hendricks neu sortieren: Alle Unternehmen sollen die gleiche Unternehmensteuer zahlen; der progressive Tarif ist nur noch für Individualeinkommen gedacht.
So neu, wie sie scheint, ist die Idee allerdings gar nicht. Auch nicht bei der SPD. Schon 2004 wurde im Bundesfinanzministerium ein Konzept erarbeitet, das eine „rechtsformneutrale Besteuerung“ für alle Unternehmen vorsah. Allerdings wollte man damals das Projekt erst 2007 starten – um nicht in den Wahlkampf zu geraten. Es ist also nur konsequent, dass nach der vorgezogenen Neuwahl nun als Allererstes die „große Steuerreform“ für Unternehmen wieder auftaucht.
Geschwiegen wird bisher zum entscheidenden Punkt: Wie hoch soll der Steuersatz liegen? Jetzt zahlen Körperschaften samt Gewerbesteuer rund 38 Prozent. Jedenfalls theoretisch. Faktisch führen sie nur 13 Prozent von ihren Gewinnen ab.
Geschwiegen wird auch zu einem anderen erstaunlichen Phänomen: Kaum ein Mittelständler hält es momentan für nötig, sich in eine Körperschaft umzuwandeln, um dem Spitzensteuersatz von 42 Prozent zu entfliehen. Offensichtlich leben die Handwerker sehr gut mit der Einkommensteuer, die bei geringem Gewinn zu einer niedrigen Progressionsstufe führt.
Die neue Steuer soll also ein Problem lösen, das gar nicht existiert. Das macht sehr misstrauisch. Zumal vergangene Reformen jedes Mal wieder mit einem Coup endeten, der die Politiker angeblich überraschte: Die Firmen zahlten hinterher noch weniger an den Staat. ULRIKE HERRMANN