CDU-Finanzaffäre in Rheinland-Pfalz: Die Anderen waren's!
Illegale Finanzierung des Wahlkampfes 2006: Von dem Treiben ihrer Vorgänger will die rheinland-pfälzische CDU-Spitze nichts gewusst haben. Die SPD glaubt ihr nicht.
MAINZ taz | Im Zusammenhang mit der Finanzaffäre der CDU Rheinland-Pfalz hat der Fraktionschef der SPD im Landtag, Jochen Hartloff, die Führungsspitze der Union erneut scharf angegriffen. "Im höchsten Maße unglaubwürdig" nannte Hartloff am Donnerstag in Mainz die Einlassungen von Fraktionschef Christian Baldauf und seinem Parlamentarischen Geschäftsführer Hans-Josef Bracht sowie der neuen Landesparteichefin Julia Klöckner, erst vor wenigen Wochen zu der Erkenntnis gelangt zu sein, dass im Landtagswahlkampf 2006 Fraktionsgelder illegal für Zwecke der Partei ausgegeben worden seien.
Hartloff zweifelt daran, dass alleine der damalige Landespartei- und Landtagsfraktionsvorsitzende Christoph Böhr und sein Fraktionsgeschäftsführer Markus Hebgen die Verantwortung dafür zu tragen hätten, dass die CDU Rheinland-Pfalz jetzt nach einem Beschluss des Bundestagspräsidiums mehr als 1 Million Euro Strafe zahlen müsse.
Der Obmann der SPD im Untersuchungsausschuss des Landtags zur Aufklärung der Finanzaffäre der CDU, Clemens Hoch, mutmaßt, dass die Mitglieder des Landesvorstandes der CDU und der Führung der Landtagsfraktion, der Kassenwart und die Kassenprüfer "voll informiert" gewesen seinen. Schließlich sei damals mit knapp 400.000 Euro gut ein Drittel der aus Steuermitteln stammenden jährlichen staatlichen Zuwendungen für die Fraktionsarbeit zweckentfremdet "verbraten" worden, so Hoch. "Und davon sollen nur zwei Leute etwas gewusst haben?"
Verschoben wurde das Geld von der Fraktions- in die Parteikasse vergeblich. Damit sollte die PR-Agentur C4 des Christdemokraten Carsten Frigge im Landtagswahlkampf 2006 das latent schlechte Image des "Spitzenkandidaten" Böhr aufpolieren. Böhr verlor die Wahl trotzdem. Bis zur Landtagswahl Ende März sollen jetzt vor dem Untersuchungsausschuss weitere Zeugen angehört werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr