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Archiv-Artikel

British Council zieht aus Schwimmen verlernen

Ein Leseabend mit Graham Swift. Die Bibliothek des British Council in Berlin ist bis zum letzten Zentimeter besetzt, selbst unten im Foyer, wo man eine Bild- und Tonübertragung eingerichtet hat, drängeln sich die Leute. Swift liest aus seinem Erzählband „Learning to Swim“ und liefert viel Stoff für tiefschürfende Überlegungen zum Verlassenwerden, derweil man, je tiefer die Idee und der Blick ins Weinglas, desto tiefer in die schweren Ledersofas der Bibliothek versinkt. Erst nach mehrmaliger, zunehmend strenger werdender Aufforderung eines Angestellten lassen sich die Diskutierenden hinaus auf den Hackeschen Markt schieben. Gerne wäre man noch geblieben.

Aber der Abend im Oktober 2006 ist die letzte Veranstaltung des British Council in seinem Gebäude am Hackeschen Markt. Schon am nächsten Tag werden Bücher und Filme weggegeben, Sprachkurse gibt es seit zwei Jahren nicht mehr, und jetzt wird das 8-stöckige Gebäude, das man sich längst mit „Partnern“ teilte, ganz aufgegeben. „Das British Council definiert den Begriff ‚Kulturinstitut‘ derzeit neu“, erklärt Michael Bird, der Deutschland-Direktor. Zwar beschwichtigt Pressesprecher Detlef Thelen, dass man natürlich weiterhin Veranstaltungen anbieten würde – nur eben sehr viel weniger in eigenen Räumen und mehr in Kooperation mit anderen. Doch man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass mit diesem Auszug – neue Räumlichkeiten stehen noch nicht fest – der letzte Akt beginnt. Zu gut erinnert sich jeder noch an die Ankündigung des Strategiewechsels im Februar, bei der die geplante Schließung europäischer Standorte bekannt gegeben wurde – damit man mehr Mittel für Kulturaustausch im Mittleren Osten und Zentralasien habe.

Man fühlt sich bei dieser drohenden Reduzierung britischer Kulturpräsenz ein bisschen wie der ältere Bruder im Gleichnis von dem verlorenen Sohn. Haben wir nicht immer alles richtig gemacht? Hören wir nicht Britpop, lieben wir nicht Byron und diskutieren ständig über Blair? Warum nimmt man uns dann einen festen Ort, an dem wir verlässlich Nachschub an britischer Kultur bekommen, und gibt ihnen denen, die sich bislang gar nicht darum gerissen haben?

„Kulturinstitut“ wird also in Zukunft nur noch eine Idee sein, die sich unterschiedlichster Orte in unterschiedlichster Gestalt annehmen kann, aber nicht mehr verlässlich da ist und damit auch kein einheitliches Bild mehr von sich vermittelt. Das British Council verzichtet auf seine momentan noch auffällige Präsenz und zieht sich aus der Sichtbarkeit des Stadtbildes zurück. Dabei ist doch gerade eine Form von „Zuhause“, eine feste Anlaufstelle, so wichtig für die Identifizierbarkeit einer Einrichtung. Die nächste Veranstaltung heißt übrigens treffenderweise: „Aufbruch im Alter“. JUDITH LUIG