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Archiv-Artikel

Bis zur Wahl stehen 49 rot-grüne Gesetze an – helfen wird das nicht Verpufft im Nirgendwo

Die Manager sollen ihre Gehälter offen legen – endlich! Die Bürger sollen ihrem Staat in die Akten gucken dürfen – super, oder? Mensch, Rot-Grün haut rein. Nicht nur Managergehälter und Informationsfreiheit, sondern ganze 49 Gesetzesvorhaben will die rot-grüne Regierung bis zu den Neuwahlen am 18. September unbeirrt durchziehen. 49 Gesetze, das sind 49 Bekenntnisse zum rot-grünen Fortschrittsgeist, 49 Spektakel der Handlungsfähigkeit, 49 Gelegenheiten also zur Profilierung.

Das Problem ist nur: Es interessiert keinen mehr. 49 Gesetze schließen die Prozentlücke zwischen Rot-Grün und Schwarz-Gelb in den Umfragen nicht mehr. Sie werden auch am 18. September keinen roten oder grünen Wähler zusätzlich hinterm Ofen hervorlocken. Das liegt nicht bloß daran, dass die Union im Bundesrat die zustimmungspflichtigen Gesetze stoppen und die nicht zustimmungspflichtigen durch Verfahrenstricks ebenfalls ausbremsen kann – und wird. Vielleicht kommen etwa die Managergehälter oder die Informationsfreiheit ja sogar durch. Sind ja teils auch ganz unstrittige Sachen dabei. Nein, an den Realisierungschancen der rot-grünen Vorlagen liegt es nicht so sehr, dass die Koalition damit keinen Blumentopf mehr gewinnen wird. Das Wahlvolk hat Rot-Grün sein Vertrauen bereits entzogen, weil Rot-Grün sich selbst nicht mehr vertraut, sondern dem Kanzler in den Abgrund hinterher springen muss. Nicht die gespenstische Regierungssimulation treibt die Sozialdemokraten wie die Grünen in Berlin noch um, sondern was nach dem 18. September kommt: Werden sich die Agenda-2010-Fans auch in der Opposition durchsetzen – oder sind dann die Linken am Zuge? Bekommen mehr als zwei Nachwuchskräfte eine Chance im Bundestag – oder blockieren die müden Exkoalitionäre die geschrumpften Mandatslisten?

De facto regiert Angela Merkel schon. Deshalb werden „Gesetze“, die keine Gesetze mehr werden, auch nicht in den Medien verhandelt, und deshalb wird die entsetzte und enttäuschte Parteibasis auch keinen Wahlkampf damit machen. Unendlich schade um die Energie, die in 49 teils sogar gut gemeinten Entwürfen steckt – sie verpufft im politischen Nirgendwo. ULRIKE WINKELMANN