: Betr.: 2 DDR-Architekten zu hohen Haftstrafen verurteilt
Durch einen kleinen Hinweis in der Berliner Architektur–Zeitschrift Bauwelt wurde erst kürzlich bekannt, daß zwei junge Ost–Berliner Architekten, Bernd Ettel und Christian Enzmann, vor drei Jahren zu unverhältnismäßig hohen Haftstrafen verurteilt wurden. Ohne offizielle Genehmigung hatten sie sich 1984 an einem Ideenwettbewerb der Internationalen Bauausstellung (IBA) beteiligt. Dabei ging es um das ehemalige Gestapo– und SS–Gelände in Berlin– Kreuzberg das heute durch die Mauer geteilt ist und brachliegt. Sein westlicher Teil sollte als Gedenkstätte gegen den Faschismus gestaltet werden. Nachdem die Architekten aus der Haft entlassen waren, durfte trotz verschiedener Interventionen nur Bernd Ettel ausreisen. Der Chefredaktuer von Bauwelt, Ulrich Conrads, schrieb daraufhin einen offenen Brief an den Staatsratsvorsitzenden der DDR, Erich Honecker. Darin bezeichnet Conrads die über zweieinhalbjährigen Haftstrafen als „völlig unverständlich“. Schließlich sei die DDR aus dem „aktiven Widerstand gegen die Hitler–Diktatur hervorgegangen“ und habe sich „den Antifaschismus auf die Fahnen geschrieben“. In der Tat zeugt das Gelände von der Schwierigkeit deutsch–deutscher Vergangenheitsbewältigung. Erich Honecker verbrachte in dem Gestapo– Gefängnis „Tage der Bewährung“, wie er in seinen Erinnerungen schrieb. Der 1982 verstorbene DDR–Regimekritiker Robert Havemann wurde dort verhört und mißhandelt. Zur Zeit dient das Gelände im Rahmen der 750–Jahr–Feier für eine Ausstellung über das Dritte Reich: „Topografie des Terrors“. Die 1984 bei der IBA eingereichten Entwürfe zu seiner Umgestaltung verschwanden hingegen alle in Schubladen. Was künftig mit dem Gelände geschehen soll, liegt völlig im Dunkeln. Klar ist nur eins: von den Beiträgen, die damals prämiert wurden, wird keiner realisiert. Martha Sandrock
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