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Archiv-Artikel

Berliner Platten Resonanzreiches Arbeiten in der Grauzone: Monoland machen mit „Ben Chantice“ in lauter Stille weiter wie gehabt

Monoland „Ben Chantice“ (Supermodern/Indigo) live 28. 4. Schokoladen, 21 Uhr

Mal ein Bild aus der Biologie. Es geht um Empörung, um Gewöhnung und Frösche. Wenn man nun einen Frosch in heißes Wasser wirft, wird er zappeln und alles tun, um nur schnellstmöglich aus dieser Brühe herauszukommen. Macht man das Experiment aber derart, dass man den Frosch erst in ein für ihn angenehm temperiertes Wasser gibt, das langsam erwärmt wird, will er gar nicht mehr raus aus dem Topf. Selbst dann nicht mehr, wenn das Wasser eigentlich schon längst zu heiß für ihn ist.

Schroffer Schock versus schleichender Wechsel.

Mit den zehn Jahren, die Monoland nun auch schon mit dabei sind, darf die Band zum festen Inventar der Berliner Szene gerechnet werden. Dabei hat sie es immer geschafft, durch alle Schlagzeilen zu rutschen und stets neben den jeweiligen Trends zu stehen, die gerade durch die Feuilletons getrieben wurden. Ein Agieren eher im Halbschatten, in einer Grauzone. Was farblich gut zu der Band passt, die ja doch in einem Bereich arbeitet, in dem statt einem plakativen Schwarz und Weiß lieber der Bereich dazwischen sondiert wird, mit allen changierenden Facetten als eine subtile resonanzreiche Grau-in-Grau-Malerei. Ein stiller Reichtum.

Monoland wollen es einem also gar nicht einfach machen. Zumindest interessiert sich das Quartett nicht für Lieder, die man bereits nach dem halben Hören mitträllern könnte. Dass es seine Stücke auch auf der neuen CD „Ben Chantice“, der dritten bis dato, gar nicht unbedingt als Songs herausgestellt haben will, selbst wenn durchaus hier und da gesungen wird bei Monoland, ist schon daran zu hören, wie dieser Gesang sozusagen ins Nebenzimmer weggemischt wurde. Nur eine Stimme unter vielen. Manchmal steht sogar prominenter das Schlagzeug vorn im Sound mit seiner Motorik, der pochende Motor in Monolands Musik, die trotzdem überhaupt nicht auf den Tanzboden will. Elektronik ist auf „Ben Chantice“ nur eine weitere Einspritzpumpe. Arbeitsmittel, nicht mehr. Denn immer noch sind Monoland vor allem eine Gitarrenband, die das Rauschen als Prinzip will, ein an- und abschwellendes, sich kreuzendes und miteinander verflechtendes Soundflirren, das sich nebenbei als Zugabe noch zu melancholischen Melodien bündelt. Sie hören sich wie hinter Milchglas. Die Konturen mild verwischt. Nichts lässt sich wirklich greifen in dieser musikalischen Desorientierung, die natürlich bis in die feinsten Modulationen hinein präzise erarbeitet ist.

Eine Musik, die gespürt werden soll. Als „Rausch im Sinne von Berauschen, ein betäubendes, körperliches Rauschen“, wie das Monoland bereits anlässlich ihres letzten Albums „Cooning“ in der taz mitteilten. Körperlich fühlbare Vibrationen mit einem subtil dröhnenden Noiserock, der einen nicht in Laut-Leise-Schroffheiten hin und her watscht, sondern mit stetem sanften Druck einfängt. Ein langsam sich erhitzendes Stimmungsbad für alle, die sich zwischen My Bloody Valentine und Yo La Tengo wohl fühlen. Am heutigen Freitag im Schokoladen mit Monoland auch live zu haben. THOMAS MAUCH