Beate Scheder schaut sich in Berlins Galerien um:
Die bunte Comicwelt von David Leggett in der Galerie Kimmerich entblößt ihre spitzen Eckzähne spätestens, wenn man alles zusammen liest: die popkulturellen und die Americana-Zitate, die Comicelemente und die Titel der Bilder. Leggetts Humor ist ein rabenschwarzer Kommentar auf die Lebensrealität der USA, politische Verhältnisse und Alltagsrassismen. Disney-Niedlichkeit dient nur als Lockmittel, wie in „Bald eagle with double D titties in a pick up with one headlight (MAGA american abstraction)“, wo Leggett im Titel auf den Lieblingsslogan des Präsidenten, im Bild auf dessen eigentlichen Schöpfer Ronald Reagan verweist: Rechts unten hat er das „Reagan/Bush 84“-Logo eingefügt. Ihr Fett weg bekommen auch die Man-müsste-jetzt-mal-Kandidaten: Das sich neuerdings als politischer Künstler verstehende Filzgesicht bringt den Schwarzen Nebenmann ordentlich ins Schwitzen („My friend the newly formed political artist“) (bis 28. 10., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Weydingerstr. 6).
Ähnlich unangenehm könnte es sich anfühlen, wenn man sich auf einmal auf einer Bühne wiederfindet, schon gar auf einer kosmischen, wie in Markus Selgs Ausstellung „The Cosmic Stage“ bei Guido Baudach.Die befindet sich inmitten einer bedrohlich-mythisch aufgeladenen Sci-Fi-Welt aus Tarnnetzen und seltsamen Gestalten. Das bühnenbildartige Gesamtkunstwerk hat man durchdrungen, sobald man sich von der zentralen Videoarbeit losgerissen hat, in der psychedelische Muster tanzen und sich Wasserfälle ergießen, wie sie sich kein Fototapetenhersteller schöner ausdenken könnte. Die Reise endet in der „Ultraworld“, wo drei tanzende, nymphenhafte Skulpturen die Asthände gen Decke recken. Die Natur, so scheint Selg zu suggerieren, überwindet am Ende doch alles (bis 28. 10., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Potsdamer Str. 85).
Auf eine Reise begibt sich auch Holly Hendry bei Arratia Beer,jedoch mit anderem Ziel. Bei ihr geht es ins Innere des Körpers, quer durch Verdauungstrakte, in denen sich Nägel, Schlüssel, Knochen und anderes verhakt haben. Reale Vorbilder für diese Fremdkörper fand Hendry in der Sammlung verschluckter Gegenstände des Müttermuseums in Philadelphia. Diese wenig appetitliche Vorstellung hat sie in comichafte, pastellfarbene Skulpturen übersetzt, die wie eine Mischung aus geologischen Modellen und überdimensionierten Steckspielen für Kinder aussehen – Sinnbilder für unseren unersättlichen Konsum? (bis 28. 10., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Potsdamer Str. 87).
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen