piwik no script img

Baustelle BerlinDer Bus braucht dreimal länger als die Bahn

An der U2 wird gebaut, ein halbes Jahr fahren nur Busse in Prenzlauer Berg. Eine Testfahrt.

Auch supermodern gehts nicht immer schneller Bild: ap

"Der Bus kommt", ein Mädchen zupft ihre Mutter am Ärmel. Es ist kurz nach acht Uhr morgens, Hauptverkehrszeit, trotzdem stehen nur fünf Menschen neben dem Schild "Ersatzhaltestelle" vor der U-Bahn-Station Pankow. Denn der letzte Bus ist erst vor zwei Minuten abgefahren.

Seit Pfingsten fahren nur Busse zwischen Pankow und Senefelder Platz. Der südliche Abschnitt der U2-Hochbahnstrecke wird sechs Monate lang renoviert. 2009 wurden der nördliche Teil des Viadukts und die Brücke über der Bornholmer Straße erneuert. Auch die Straßenbahnlinie M1 zwischen Eberswalder Straße und Bornholmer Straße wird seit dem 24. Mai nicht bedient.

Der Bus fährt von der Haltestelle Pankow ab und bleibt schon nach wenigen Metern stehen. An der Ecke Granitz- und Berlinerstraße ist es eng. Baustelle. Autoschlange. Eine Schülerin holt ein Buch aus der Tasche. Auf dem Sitzplatz gegenüber schaut ein Mann mit Anzug und Krawatte auf die Uhr. "Es ist ärgerlich! Letztes Jahr wurde gebaut. Nun schon wieder." Der 26-Jährige muss die Strecke täglich zur Arbeit fahren.

"Schön, dass es neu gebaut wird", sagt die Schülerin mit dem Buch in der Hand. Sie nimmt die Verspätung in Kauf. Der Bus steckt inzwischen wieder im Stau. Im Fenster sieht eine Frau, wie ein Fahrradfahrer gerade vorbeifährt. "Ab nächster Woche fahre ich zur Arbeit mit dem Rad", seufzt die Angestellte. Am Dienstagmorgen braucht ihr Bus dreimal länger als die U-Bahn: 22 anstatt sieben Minuten von Pankow bis nach Senefelder Platz.

Die Ausgestiegenen laufen die Treppe zur U-Bahn-Station runter. Der Zug nach Ruhleben kommt in drei Minuten. Die Anzeigetafel informiert: Auch dort wird gebaut. Zwischen den Bahnhöfen Olympiastadion und Ruhleben fahren ab dem 24. Mai sieben Monate lang Busse statt Bahnen.

Auf dem Gleis gegenüber ist der Zug angekommen. Die Türen öffnet sich. Eine elektronische Frauenstimme bittet die "sehr geehrten Fahrgäste" die Busse zu benutzen. Die Passagiere strömen aus der Tür. Manche gehen automatisch zum Ausgang auf der rechten Seite. Andere bleiben stehen. Ihre Gesichter sind ratlos. Ein Pfeil auf dem Boden zeigt zu den Bussen nach rechts. Ein anderer Pfeil und Fußabdrücke zeigen wiederum nach links.

Eine Frau holt ihre Kamera heraus und knipst ein Foto. "Ich finde das schick!", sagt sie. Ein BVG-Mitarbeitet kommt und klärt das Rätsel: "Die Fußabdrücke sind von der alten Baustelle. Morgen sind sie weg!" Die Frau eilt zum Ausgang auf der rechten Seite. Oben warten schon Menschen auf der Haltestelle. Der Bus kommt.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!