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Baker läßt Brasiliens Finanzminister auflaufen

■ Bresser–Pereira bat in Washington um teilweise Schuldenstreichung

Berlin (dpa/taz) - Austricksen wollte Brasiliens Finanzminister Bresser–Pereira seinen US–amerikanischen Kollegen Baker am vergangenen Mittwoch. Unmittelbar nach einem zweieinhalbstündigen Gespräch in Washington erklärte Bresser vor der Presse, Baker habe seinen Vorschlag akzeptiert, einen Teil der Bankenschulden Brasiliens zu streichen. Sechs Stunden lang durfte die Öffentlichkeit in der US–Hauptstadt staunen, bis Baker verlauten ließ, die USA lehnten den neuen Schuldenplan ab. Das US–Finanzministerium gab eine Erklärung heraus, in der es hieß, man habe eine „volle und offene“ Diskussion über Brasiliens wirtschaftliche und finanzielle Lage geführt und darin übereingestimmt, daß „Brasiliens Probleme auf konventionelle Weise angepackt werden sollten“. Bresser hatte jüngst vorgeschlagen, zur Lösung der Finanzkrise seines Landes rund 35 Milliarden Dollar Bankschulden in langfristige Schuldtitel mit Laufzeiten von 25 bis 30 Jahren umzuwandeln und diese insbesondere mit Abschlägen von bis zu 30 Prozent zu versehen. Für die Bezahlung dieser Schulden wolle sein Land dann eine „absolute Garantie“ übernehmen. Baker mahnte seinen Kollegen aus der Region des US–amerikanischen Hinterhofes am Mittwoch auch erneut, sein Land solle sich endlich mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) auf ein formelles Standby–Abkommen einigen. Ohne eine solche Kreditvereinbarung mit entsprechenden wirtschaftlichen Bedingungen könne Brasilien auf keine Umschuldung mit dem Pariser Klub hoffen, in dem die Regierungen derjenigen Staaten organisiert sind, die Bürgschaften für Bankenkredite und eigene Kredite an Drittweltländer übernommen haben. Nachdem Baker klargestellt hatte, daß Umwandlungen von Krediten in langfristige Schuldtitel nur auf freiwilliger Basis der Banken laufen könnten, erklärte Bresser, er wolle nun bis zum 25. September mit einem neuen Vorschlag aufwarten. Bis zu diesem Tag muß etwas Neues auf dem Tisch liegen, weil am 26. der Stopp der brasilianischen Zinszahlungen ein halbes Jahr alt ist und die US–Banken deshalb gesetzlich gezwungen wären, die entsprechenden Kredite an Brasilien abzuschreiben. Das könnte zur Folge haben, daß dem südamerikanischen Land die für den Außenhandel unerläßlichen kurzfristigen Kredite gekappt würden. Die 35 von Bresser zur Umwandlung anvisierten Milliarden wären etwa die Hälfte der Schulden, die Brasilien bei Privatbanken unterhält. Die Gesamtschulden von 115 Milliarden Dollar setzen sich unter anderem außerdem aus 10,5 Milliarden bei Finanzinstituten ausländischer Regierungen sowie 13,5 Milliarden bei internationalen Organisationen wie Währungsfonds und Weltbank zusammen. Die Banken sind nach Bakers Ablehnung des Bresser– Vorschlages laut Agenturen „erleichtert“, wäre er doch umgerechnet auf einen rund 15prozentigen Schuldenerlaß hinausgelaufen. Und das ginge nicht. ulk

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