BVG in der Krise : Wolf schaut nach vorne
Da guckt einer nach vorne. Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) sagt zwar nicht ganz genau, was er unter dem „Handlungsbedarf“ bei der BVG versteht, den er für unbestritten hält. Seine Anregung, einen Tarifvertrag für den gesamten Berliner Nahverkehr auszuhandeln, ist jedoch richtungsweisend.
Kommentarvon STEFAN ALBERTI
Natürlich gibt es bereits einen Tarifvertrag für die BVG-Mitarbeiter. Einen, der Mitarbeiter, die seit 1995 dabei sind, vor betriebsbedingten Kündigungen schützt. Das nutzt der Belegschaft jetzt. Aber es gibt keine Regelung für den kompletten Berliner Markt, die ihr auch zukünftig nach der anstehenden Liberalisierung hilft. Dann kann sich jedes Unternehmen europaweit darum bewerben, Busse und Bahnen durch Berlin zu fahren – mit deutlich geringeren Löhnen als die BVG. Die Grenze ist gerade 70 Kilometer entfernt. Ein polnisches Unternehmen könnte Fahrer pendeln lassen für Gehälter, die hier als Dumpinglöhne gelten.
Ein landesweit gültiger Tarifvertrag würde das verhindern. Er würde Standards setzen – wer weniger zahlt, könnte seine Bewerbung bei einer Ausschreibung vergessen. Natürlich läge das Lohnniveau unter dem jetzigen – sonst bräuchte Wolf nicht von Handlungsbedarf zu sprechen. Für die BVGler hieße das: jetzt weniger Geld, aber dafür ein Arbeitsplatz in einem Unternehmen, das auch auf einem liberalisierten Markt Chancen hat.
Mit seiner Anregung – langfristig betrachtet durchaus sozial – schafft Wolf den Spagat zwischen Sanierung und PDS-Anspruch. Offen ist dabei nur die Frage, ob diese Regelung auch dem europäischen Wettbewerbsrecht standhält.