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Archiv-Artikel

BRITISCHE SOLDATEN AUS DEM IRAN VERKAUFEN IHRE STORY AN DIE MEDIEN Reality als Show

Das Londoner Verteidigungsministerium hat den 15 britischen Soldaten, die wegen angeblicher Grenzverletzung 13 Tage lang vom Iran festgehalten wurden, erlaubt, ihre Geschichte an die Medien zu verkaufen. Man wird sie sorgfältig darauf vorbereitet haben. Denn es geht dabei vor allem um Propaganda. Die iranische Regierung sendet immer noch Filmchen, die zeigen, wie die Gefangenen miteinander Schach spielen. Die britische Regierung wiederum lässt sie erklären, dass sie um ihr Leben bangen mussten. So sind die 15 Soldaten zu Instrumenten in den Händen der Spin Doctors geworden – jener hochrangigen Beamten, die jeder Nachricht einen regierungsfreundlichen Dreh geben; hüben wie drüben.

Dass die Soldaten sich nun dafür bezahlen lassen, schadet allerdings ihrer Glaubwürdigkeit. Denn wenn ein bedruckter Schmutzkübel wie die Sun bereit ist, 100.000 Pfund hinzublättern, dann wird er die Geschichte zwangsläufig aufpeppen. Mit der Glaubwürdigkeit ist das ohnehin so eine Sache: Das Eingeständnis der gefangenen Soldaten in Teheran, sich in iranischen Gewässern befunden zu haben, ist genauso viel wert wie ihre Versicherungen nach ihrer Freilassung, dass sie sich in irakischen Gewässern befunden hätten. Aber spielt das noch eine Rolle? Schließlich sind fast alle zufrieden – die Medien, die Öffentlichkeit, die Soldaten und die Regierung. Nur die Opposition nicht. Doch wenn die Tories über „würdeloses Verhalten“ schimpfen, ist das Heuchelei. Denn haben Tory-Premiers wie Margaret Thatcher und John Major nicht Millionen mit ihren Memoiren verdient?

Man muss kein Zyniker sein, um die 13-tägige Gefangenschaft der 15 Soldaten mit dem Aufenthalt im „Big Brother“-Container zu vergleichen. Seit die Generäle im ersten Golfkrieg wie bei einem Videospiel stolz die Präzision ihrer Raketenangriffe vorführten, sind Kriege zu Medienereignissen geworden. Die Familien der Soldaten, die im Irakkrieg getötet wurden, sind angesichts des jetzigen Medienspektakels allerdings zu Recht fassungslos. Für ihre Geschichte interessiert sich niemand. Das wäre wohl zu viel Reality. RALF SOTSCHECK