BESTSELLER BIS MITTERNACHT : Katzen und Kerle
Ich versuche mich zu konzentrieren, nur wird das mit dem Konzentrieren gerade nichts. Schuld ist, wie immer, die Welt. Dabei habe ich beste Voraussetzungen: Ich habe nichts zu tun, außer zu schreiben – der Kühlschrank ist voll, die Wohnung geputzt, alle Wäsche gewaschen, kein Geschirr mehr zu spülen, sogar gekocht habe ich schon. Viel bleibt da nicht übrig, was ich noch machen könnte, um mich abzulenken. Sagt man ja so: AutorInnen können das wunderbar, wenn sie allein sind vorm leeren Blatt Papier. Jetzt bin ich soweit: Der rituelle Tee vorm Anfangen ist geschlürft und die Rundmail geschickt, die, in der steht, dass ich jetzt aber wirklich am Bestseller sitze, voll konzentriert.
Aber ich bin nicht voll konzentriert. Ich bin null konzentriert. Irgendwas stört. Ich kann’s hören, dröhn-dröhn, bumm-dröhn, immer wieder, dröhn-bumm. Ich lausche, versuche das Dröhnen zu orten. Es kommt von rechts, aber da ist kein Fenster, da ist nur eine Wand. Es kommt trotzdem von da. Und jetzt höre ich auch noch was: ein Ächzen und Stöhnen und ab und an mal Applaus. Gäb’s keinen Applaus, würde ich ja denken, da hat wer laut Sex, aber so … Ich muss wohl raus, gucken.
Kaum habe ich die Tür auf, kommt zum Ächzen viel Miauen, von links, ganz laut. Eine wahre Symphonie ist das, besonders im Mix mit dem Stöhnen und Dröhnen von rechts. Der Grund des Miauens ist klar und hat jetzt doch was mit Sex zu tun, aber wer da warum so dröhnt, das merke ich erst, als ich um die Ecke gehe und schaue. Fast enttäuschend ist es: der Basketballplatz, direkt an der Wand zu meiner Wohnung, und auf dem Platz ein paar Kerle. Ächz, Stöhn, Applaus, und dann noch Miau, Miau, Miau. Ich seufze, gehe wieder rein, setze mich vor den Computer. Die Welt macht Geräusche, okay, aber echt mal: Wenn sie nicht bald aufhört damit, wird das mit dem Bestseller bis Mitternacht auch heut wieder nichts. JOEY JUSCHKA