BARBARA DRIBBUSCH über GERÜCHTE : Alpha-Weibchen knabbern nicht
Wer bietet der Frau von heute wirklich Lebenshilfe? Tiermagazine. Keiner weiß besser, wie man Rivalinnen aussticht
Neulich im Supermarkt ist es mir zum ersten Mal aufgefallen: Partner Hund, Mein Hund, diese Zeitschriften stecken direkt neben Frauenmagazinen wie Brigitte oder Cosmopolitan im Regal. Die Frauenmagazine künden davon, „wie Sie erkennen, dass er Sie wirklich liebt“ oder „fünf Tricks, damit er Ihnen rettungslos verfällt“, die Hundezeitschriften liefern „Hilfen gegen Dauerbellen“ und „sanfte Erziehungsmethoden im Test“. Dieser Trend zur Lebenshilfe! Vorbei die Zeiten des alteingesessenen Jagdmagazins Wild und Hund, das noch mit Geschichten aufwartete wie: „Alte Hirsche – starke Recken“.
„Das mit den Zeitschriften für Hunde-Psycho hat ganz schön zugenommen“, sage ich zu Freundin Chrissy, „ist vielleicht auch ein künftiger Markt für Magazinschreiber.“ Chrissy sagt nichts. Sie hat ihren Labrador namens Hoffmann draußen vor der Tür angebunden und begleitet mich in den Supermarkt. Chrissy gehört zu den Frauen, die glauben, dass das soziale Netz der Zukunft in Deutschland sowieso aus alleinstehenden alten Frauen besteht, die sich über ihre Hunde unterhalten. Einfach, weil das mit den Männern zu schwierig ist und überhaupt die heterosexuelle Partnerschaft überschätzt wird. Sagt Chrissy.
Ich bin jetzt aber mit etwas anderem beschäftigt. Vor dem Regal mit den Cornflakes vergleiche ich die auf den Packungen angegebenen Kalorienmengen. Ich plane eine kleine Diät. In den nächsten zwei Wochen will ich zwei Kilo abnehmen.
„Also dieser Mist mit dem Kalorienzählen, kannst du das nicht lassen“, mahnt Chrissy, „ hast du zu wenig zu tun oder was?“ Chrissy käme nie in den Sinn, auf ein Schokocroissant zu verzichten, sie würde sich auch nie Make-up ins Gesicht schmieren oder sich in einem Fitness-Studio anmelden. Hoffmann ist es sowieso egal, ob sie zwei Kilo mehr draufhat oder nicht.
„Die meisten Männer nehmen gar nicht wahr, wenn ihre Frau sich zwei Kilo abgehungert hat. Habe ich neulich gelesen“, setzt Chrissy nach. Ich wende mich trotzdem dem Knäckebrot zu. Nur 40 Kalorien pro Scheibe! Das wäre doch was fürs Abendbrot. Eigentlich hasse ich Knäcke.
Draußen hat Hoffmann angefangen zu bellen, offenbar langweilt er sich. Chrissy strebt dem Regal mit Tierfutter zu. „Rind mit Mineralstoffen“, sagt sie, „das ist gut gegen Knochenabbau. Hoffmann braucht das.“
Bei mir hingegen ist die Frischetheke dran. Frischkäse, auf denen „vital“ oder „balance“ und „mit viel Joghurt“ draufsteht, kämen in Frage. Und natürlich gegarte Putenbrust bis zum Abwinken, mit nur drei Prozent Fett.
Hoffmann bellt immer noch. Er hört nicht auf, bis wir endlich mit unserem spärlich beladenen Einkaufswagen durch die Kasse und wieder draußen sind. Mit einem Blick streife ich die Frauenzeitschriften, komisch, kein Titel lautet: „Mit diesem Outfit stechen Sie alle anderen aus!“ Ist doch eigentlich unehrlich.
„Vielleicht ist der Wettbewerb unter den Frauen doch das eigentliche Problem“, sage ich zu Chrissy, „stell dir vor, alle Frauen würden einfach sagen: Schluss mit den Diäten! Wir lieben Fett und Zucker! Keine von uns nimmt mehr ab! Die Welt würde sich ändern.“ Genialer Gedanke. Fast könnte ich mich in Rage reden.
Chrissy bleibt gelassen, schließlich hat sie sowieso dauernd Probleme mit Frauen, zuletzt die Sache mit Monika, die ihre Liebe nur ausgenutzt hat, nur vom Anhören dieses Dramas musste man fast heulen. „Bloß kein Soliprogramm für Frauen“, seufzt sie und bindet Hoffmann los, „das wäre ganz gegen die Natur. Guck dir mal die Tierwelt an: Bei den Wölfen sind die Rangkämpfe unter Weibchen viel erbarmungsloser als unter Männchen. Wölfinnen bringen ihren Rivalinnen manchmal sogar tödliche Verletzungen bei, wenn es darum geht, das Alpha-Weibchen zu werden.“
Wie es Chrissy immer schafft, alle menschlichen Verhaltensweisen auf das Tierische zu reduzieren. „Aber wir sind doch keine Wölfe, da gibt es doch noch Unterschiede“, gebe ich zu bedenken. „Genau“, meint Chrissy, heute hat sie Oberwasser, „Wölfinnen machen zum Beispiel keine Diät.“
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