Ausgerechnet Leipzig! : KOMMENTAR VON DIETMAR BARTZ
Neonazis wollen beim WM-Fußballspiel zwischen Iran und Angola in Leipzig ihre Solidarität mit dem Holocaust-Leugner Ahmadinedschad demonstrieren. Die Idee ist lächerlich, aber die Rechtsextremen wollen die Chance nicht verpassen, vor den Kameras der Welt Präsenz zu zeigen. Und dies mitten in der Debatte darüber, ob man sagen darf, dass es ostdeutsche „No-go-Areas“ gibt, in denen sich etwa die Spieler aus Angola oder dem Iran besser nicht aufhalten sollten. Eine solche Bestätigung von Exregierungssprecher Heye wäre nicht nötig gewesen.
Dass die Neonazis Leipzig ausgesucht haben, hängt wohl nicht nur mit dem Spiel zusammen. Vermutlich steckt dahinter auch das Kalkül, dass die hohen Wahlergebnisse der sächsischen NPD die Mobilisierung erleichtern. Damit bedienen sie das Klischee, dass eine Demo zur Leugnung des Holocaust in einer ostdeutschen Großstadt durchaus vorstellbar ist. Und in Leipzig ist das Gejammer groß, das Image der WM- und Messestadt werde nun ernsthaft beschädigt. Damit haben die Neonazis bereits ihren ersten Punkt gemacht.
Aber der kann auch ihr letzter gewesen sein. Denn vielleicht haben die Neonazis einen Fehler begangen. Ausgerechnet Leipzig! Es gibt wohl keine deutsche Großstadt, in der in den letzten Jahren so anhaltend so viele Demokraten gegen rechtsradikale Aufmärsche auf die Straße gegangen sind. Mehrfach haben örtlich entstandene breite Bündnisse die Demonstrationsrouten blockiert und dabei Teilnehmerzahlen bis über das Zehnfache derjenigen der Neonazis erreicht. Die Befürchtung, dass Leipzigs internationaler Ruf verdirbt, kann genauso gut ins Gegenteil umschlagen. Vielleicht gibt es keine bessere Gelegenheit, als gerade hier der Welt zu zeigen, dass ein solcher Neonazi-Aufmarsch nicht durchführbar ist.
Und zwar selbst dann nicht, wenn die Verwaltungsgerichte diese Demonstration zulassen würden. Aber glaubt eigentlich jemand, dass eine Demonstration zur Leugnung des Holocaust erlaubt wird? Der Plan ist so grotesk, dass sich ein Verdacht einstellt: Vielleicht reicht den Neonazis die Aufregung, weil sie wissen, dass sie in Leipzig nicht durchkommen würden.