Atempause für die SPD : KOMMENTAR VON BETTINA GAUS
Unterm Strich ist bei den Landtagswahlen für die SPD viel herausgekommen: eine neue Regierungsbeteiligung, eine neue absolute Mehrheit – da lässt sich die schwere Schlappe im dritten Bundesland ganz gut verkraften. Zumal die Niederlage zwar wehtut, aber nicht mit einem realen Machtverlust verbunden ist. Darüber hinaus ist es nicht gelungen, in westlichen Landesparlamenten eine Partei links von der SPD zu verankern. Die Genugtuung führender Sozialdemokraten ist also verständlich. Aber die Wahlergebnisse lassen sich dennoch für sie auch weniger sonnig interpretieren.
Die Misserfolge der WASG in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sagen nichts über die Chancen einer Linkspartei auf Bundesebene aus. Zum einen ist es durchaus vorstellbar, dass die Geburtswehen der neuen gesamtdeutschen Partei einige Wählerinnen und Wähler abgeschreckt haben, die deshalb lieber zu Hause geblieben sind. Zum anderen könnte es bundesweit zum Sprung über die Fünfprozenthürde auch bei mageren Resultaten im Westen durchaus reichen, falls nämlich die ehemalige PDS im Osten weiterhin so beliebt bleibt wie bisher. Sachsen-Anhalt kann Sozialdemokraten das Fürchten lehren.
Die SPD ist für ihre Beteiligung an der großen Koalition in Berlin auf Länderebene nicht abgestraft worden, und das ist der Führungsspitze zu Recht einen kollektiven Stoßseufzer der Erleichterung wert. Aber sie hat von der Tarifauseinandersetzung im öffentlichen Dienst nicht einmal in Baden-Württemberg profitieren können, wo das Thema in stärkerem Maße präsent ist als andernorts in der Republik. Das bedeutet: Die Sozialdemokraten gelten nicht mehr als der geborene Bündnispartner der Gewerkschaften.
Den größten Erfolg konnte mit Kurt Beck ein Ministerpräsident erzielen, dem weder die schlimmsten Feinde noch die engsten Freunde linke Neigungen nachsagen. In allen drei Ländern sind nach einem flauen Wahlkampf eher Personen als Parteien gewählt worden. Die Ergebnisse verschaffen der SPD die Atempause, die sie braucht, um sich endlich programmatisch neu zu definieren. Aber sie entheben sie nicht der Notwendigkeit, das auch zu tun.