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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Bezahlbare Wohnungen

■ betr.: „Ein Recht auf den Kiez“, taz vom 12. 6. 15

Als jemand, der in der DDR aufgewachsen ist, kann ich Vergleiche anstellen. Wohnen im „Kiez“ war im Osten wenig attraktiv, weil Altbausubstanz vielfach dem Verfall preisgegeben wurde. Dagegen war die Platte am Stadtrand begehrt, mit einem gewissen Komfort und meist mit Straßenbahn oder Bus gut erreichbar, und das mit subventionierten Fahrpreisen. Das Recht auf Wohnraum wurde garantiert, ebenso eine bezahlbare Miete.

Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Größe und Qualität der Wohnungen sowie die Wartelisten auf eine größere oder bessere Wohnung – das war die Kehrseite dieser sozialen Wohnungspolitik. Maximal zehn Prozent des Einkommens mussten für’s Wohnen ausgegeben werden (so meine Erinnerung), heute kann es schon mal mehr als die Hälfte sein. Der Kapitalismus funktioniert eben anders.

Bei vielen Mietern ist die Schmerzgrenze erreicht oder überschritten. Warum ist Wohnen eigentlich so teuer? Zinskritiker behaupten, dass 70 Prozent der Miete nur Zinsen sind, die durch Kreditaufnahme entstehen.

Das ist nachvollziehbar, denn selbst der reichste Immobilienhai wird sich hüten, Eigenkapital für den Wohnungsbau einzusetzen. Er leiht sich das Geld bei der Bank, legt die Zinsen auf die Miete um und macht sie beim Finanzamt steuerlich geltend.

Damit, dass viele (West-)Deutsche mit Immobilien zu Reichtum gekommen sind, dürfte ich nicht ganz falsch liegen. Und wir überlegen, wie man billiger bauen kann und wie man staatliche Fördermittel an Bedürftige verteilt, damit sie ihre Miete noch bezahlen können. Die Reichen werden immer reicher und die Wohnungen immer unbezahlbarer.

Da denke ich wieder an die DDR: Es gab nicht die Reichen und es gab für alle bezahlbare Wohnungen. Das Problem war vor allem der Mangel an Wohnungen und deren überwiegend schlechte Zustand.

Meine Frage kommt sicher etwas naiv daher, aber dennoch: Kann es zwischen diesen Extremen nicht einen „Dritten Weg“ geben?DIETER STOMPE, Erfurt

Sexismus pur

■ betr.: „Die WM der Tittenträgerinnen“, taz vom 10. 6. 15

Ich bin begeistert! – Leider stoße ich erst jetzt auf Silke Burmester, irgendwie bin ich nicht auf dem Laufenden, was gute Autorinnen anbelangt … Jedenfalls möchte ich mich von Herzen bedanken: Der Artikel spricht mir in jeder Hinsicht aus der Seele.

Als offensichtliches Fossil (ich bin eher den schönen Künsten zugewandt und daher oft nicht mit der Gegenwart beschäftigt) fange ich erst jetzt, mit Mitte 40, an, mich dafür zu interessieren, was der allgemeine Brainwash uns Menschen so rüberbringt.

Neuerdings schaue ich auf YouTube regelmäßig „Tatort“ (tut mir leid, ist eher peinlich, aber ich muss es zugeben) und finde Sexismus pur. Die von Frau Burmester angesprochene Fifa-Angelegenheit macht überdeutlich: Wenn Frauen in einer vermeintlichen Männerdomäne reüssieren, wird das nicht entsprechend der Leistung anerkannt, sondern als Debüt, Hobby oder Mädchenquote abgetan. ESTHER FREYMADL, Berlin

Unangenehm angekündigt

■ betr.. „Reis mit Scheiß“, taz vom 13. 6. 15

Vor einigen Wochen war ich empört über eine Titelseite mit einem fäkalen Ausdruck, auf die ich spontan mit einem Leserbrief hatte reagieren wollen, was ich dann doch nicht geschafft habe, und schließlich landete die Seite aus Versehen in der Papiermülltonne.

Auch danach fiel mir ein anderer Artikel in dem Zusammenhang auf. Heute nun der durchaus sachlich-informative Artikel zum Arsen in manchen Reissorten und Reisprodukten!

Warum muss dieser Artikel zu einem der wichtigsten Grundnahrungsmittel um eines sprachlichen Gags willen so unangenehm angekündigt werden?

Nahrungsmittel generell mit Scheiße in Verbindung zu bringen, ist eine sicher nicht nur für mich unerträgliche, nicht akzeptierbare Art der Berichterstattung. Ich hoffe sehr, dass es der Redaktion gelingt, ein Abrutschen in eine vulgäre Ausdrucksweise zu verhindern. DAGMAR REEMTSMA, Hamburg

Open Source wäre ein Anfang

■ betr.: „Notwendige Schocktherapie“, taz vom 12. 6. 15

Eingehend auf die Forderung nach einer „gesellschaftlichen Debatte“ zum vermeintlichen digitalen Fortschritt fällt mir als Erstes das Bild aus der U-Bahn ein. Jede/r Zweite schaut auf das Mobiltelefon, auch bekannt unter dem Namen „Handy“. Soziale Netzwerke? Was ist daran sozial, dass ich nicht mehr mit dem Nachbarn oder der Nachbarin spreche?

Bezüglich des Schutzes der Menschen benötigen wir keine gesellschaftliche Debatte. Hier reicht Logik. Wenn ich Großkonzern wäre, würde ich versuchen, Geheimdienste zu unterwandern. Wenn ich Großkonzern wäre, würde ich Politiker durch Lobbyisten „kaufen“ und führende Journalisten beeinflussen. Nicht mit Geld, sondern mit der vermeintlichen Aussicht auf Partizipation an der Macht.

Hat Europa nicht das Know-how, eigene Software zu entwickeln? Was kann bei der Programmierung und den ständigen Updates abgesaugt werden? Open Source wäre ein Anfang.

Und bleiben Sie dabei, Ines Pohl, sich für die wenigen Snowdens auf der Welt einzusetzen. Das alte Rom ist Geschichte – das gallische Dorf bleibt! NORBERT VOSS, Berlin