: KUNST
Natalie Mayroth
Das Erste, auf was mein Blick in der Gruppenausstellung Blue Majik fällt, sind falsche Steine. Aus dunklem Polystyrolschaum sind die vier Blumenblüten nachempfundenen 3-D-Modelle von Antoine Renard geschichtet. Dahinter ein PVC-Print, vor dem sich ein Stahl-Reifen-Konstrukt von Anthony Salvador mit dem Titel „Zwei Jungs im Benz“ türmt. Die rostig-orangefarbenen Metallbilder von Clémence de La Tour du Pin, deren Oberfläche mit Gelee und Duftstoffen bearbeitet wurde, bildet dazu einen deutlichen Kontrast. Unter einem der Bilder liegt ein Bett aus Heu, mit einer glibberigen Substanz verklebt. In der Kreuzberger Hinterhofgalerie L’Atelier-ksr spielen neun junge, in Berlin lebende KünstlerInnen mit der Optik. Ihre Arbeiten wirken organisch, doch auf den zweiten Blick wird ihr Ursprung, ihre Materialität und ihre „Majik“ deutlich (bis 27. 6., Großbeerenstr. 34, Do.–Sa. 14–19 Uhr, Performance von Hanne Lippard und Caique Tizzi am 17. 6., 18 Uhr).
Aus einem Metallnetz-Badeanzug von Sandra Vaka Olsen summt mir Unterwasserrauschen entgegen. Olsen ist ganz offensichtlich transluziden Materialien verfallen. Aus dem Schaufenster des Neuköllner Projektraums Frankfurt am Main macht sie eine Schau: Ohrstöpsel, Nägel, kleine Luftlöcher und Wassertropfen zieren das Doppelglas. Bei Olsen kommt Körper zum Einsatz: An der gefliesten Wand hängt ein Fotogramm, hinter der Glasplatte befindet sich lichtempfindliches Material, auf dem mit Sonnencreme experimentiert wurde, vergrößerte Tropfen und ein sichtbarer Fußabdruck auf der grünen Oberfläche. Olsen ergänzt ihr Tableau durch zwei daneben positionierte, mit Wimpern bestückte Wasserrohre. Und wer genau hinsieht, entdeckt in der Ausstellung Through Air sogar einen Miniaturdelfin und ein Seepferdchen (bis 28. 6., Wildenbruchstr. 15, Sa. 13–17).
In der Mitte der lichtdurchfluteten Galerie Dam steht ein riesiger Kurvenschreiber. Er veranschaulicht das Druckverfahren für Plotterzeichnungen, ohne das die meisten Arbeiten der Ausstellung Aesthetica nicht vorstellbar sind. Für die skizzenhaft wirkenden Bilder musste erst extra ein Programm geschrieben werden. Werke aus 50 Jahren computergenerierter Kunst – von frühen Anfängen des Stuttgarter Informatikers Frieder Nake über den ersten Algorithmen-Künstler der DDR, Horst Bartnig, bis zum 1966 geborenen serbischen Net-Art-Künstler Vuk Cosic – sind in der Ausstellung zu sehen. Manche Abbildungen erinnern an Zeichnungen aus Physikbüchern, andere an expressionistische Studien (bis 1. 8., Di.–Fr. 12–18, Sa. 12–16, Neue Jakobstr. 6, HH).