WARUM ES IN DER EVANGELISCHEN SCHULE SO SCHÖN IST : Gesegneter Unterricht
ANDREAS RÜTTENAUER
Ein paar Leute verdrehen die Augen. Ein paar wenige meckern. Müssen die ausgerechnet jetzt den Bürgersteig blockieren? Es gibt auch welche, die finden es ganz süß anzusehen, wenn sich die Schülerschar montags und freitags vor dem Schulgebäude versammelt und sich auf den Weg zur Kirche macht. Die Kleinen sehen aus wie Clowns, weil Eltern ihre Kinder gerne pfiffig anziehen. Die Älteren tun schon so, als wären sie cool. Montags und freitags ziehen sie in einer Art Prozession vom Schulgebäude in Köpenick zur Kirche. Die Andacht steht an oder der Gottesdienst. Die hohe Pforte der mächtigen Kirche öffnet sich und verschluckt die kleinen Menschlein. Es wird sinniert und gebetet.
Die evangelische Grundschule, die die Kinder besuchen, ist beliebt. Als Alternative zur öffentlichen Regeleinrichtung ist sie überaus gefragt im Bezirk, des sonst so gottlosen Osten Berlins. Die Eltern wollen ihre Kinder vor schlecht gepflegten Schultoiletten bewahren, wollen ihre Süßen nicht in Räumen unterrichtet wissen, die zum letzten Mal einen Malerpinsel gesehen haben, als die DDR noch existiert hat. Sie haben gehört, dass es schon mal eine Schlägerei auf den Schulhof dieser verruchten Einrichtung gegeben haben soll und sprechen sorgenvoll über ein Gewaltproblem, das in Köpenick herrscht. Einer hat sogar mal einen Sechstklässler vor dem Schulhof mit einer brennenden Zigarette in der Hand gesehen. Schlimm.
Und dann ist da auch noch diese Lehrerin, von der die besorgten Erziehungsberechtigten im Sprengel nicht viel mehr wissen, als dass sie ein Alkoholproblem hat und immer noch auf eine Unart unterrichtet, wie sie üblich gewesen sein soll, als der Osten noch Osten war. Schlimm sind auch die Gerüchte über den Unterrichtsausfall an den staatlichen Schulen.
Wie gut, denken sich da vor allem die, die es sich leisten können, sich ganz besonders viele Gedanken über ihren Nachwuchs zu machen, dass es jetzt diese neue Schule gibt. Und die anderen Eltern sind auch alle irgendwie total nett, weil sie alle irgendwie ähnlich ticken, mag sich so mancher denken, der sein Kind da angemeldet hat. Das Gebäude ist so hübsch saniert und die Lehrerinnen sind engagiert statt frustriert. Ob das daran liegt, dass sie vom Pastor gesegnet werden, wenn sie ihren Job antreten?
Die neue Turnhalle ist auch so schön geworden. An dem riesigen Kreuz hinter dem Tor will sich niemand stören. Es ist ja schließlich eine evangelische Schule, da gehört das eben dazu. Und wenn sich das ursprünglich heidnische Kind dann irgendwann aus freien Stücken dafür entscheidet, sich taufen zu lassen, bitte sehr. Schaden kann das doch nicht.
Am Ende sind ganz schön viele Eltern ganz schön dankbar, dass es die neue Schule gibt. Vielleicht danken sie ja dem Schöpfer dafür, dass ihre Geschöpfe so gut beschult werden und dazu erzogen werden, sorgsam mit der Schöpfung umzugehen. Darauf ein Vater Unser! Übrigens im Konzeptpapier der Schule steht: „Die Evangelische Schule Friedrichshagen ist offen für alle Kinder unabhängig von ihrem sozialen, kulturellen und religiös-weltanschaulichen Hintergrund.“