Europäischer Liederwettbewerb

ESC IN WIEN Am vergangenen Samstag fand in Wien der Eurovision Song Contest statt. Die taz berichtete in ihrer Wochenendausgabe, am Montag kommentierte Jan Feddersen den Ausgang des Wettbewerbs. Was taz-LeserInnen dazu meinen, lesen Sie hier

■ betr.: „Ein perfekter Handwerker“, taz vom 26. 5. 15

Ein Lied kann eine Lüge sein, stellt Jan Feddersen fest. Das ist keine neue Erkenntnis. Nur leider: Putin hat „A Million Voices“ gar nicht gesungen, er hat es auch nicht komponiert, und ich persönlich weiß gar nicht, ob er den Song überhaupt mag. Okay, die Nominierung des Songs mag fraglich gewesen sein, und auch mir fällt es schwer, etwas Subversives in dem Song zu hören. Trotzdem ist er noch keine Staatshymne. Beim ESC gehören bei allen Ländern das Fahnenschwenken und das Nationalitätsgetue dazu. Da konnte ich bei Polina Gagarina keinen Unterschied zu anderen Teilnehmer feststellen. Sie lässt sich in das nationale Marketing nicht mehr einspannen als alle anderen Künstlerinnen und Künstler auch, aber wenn man über Russland spricht, heißt es ja nicht Marketing, sondern Propaganda. Vielmehr zeigt Polina Gagarina sich zurückhaltend und zieht nicht die große Mütterchen-Russland-Show ab. Im Gespräch mit Conchita grüßt sie Mutter und Sohn – nicht Russland. Aber was erleben wir stattdessen? Wir sehen eine Frau, die bei einem Liederwettstreit sichtbar Angst hat. Und das nicht etwa, weil sie fürchtet, einen schlechten Song zu haben, nicht, weil sie dem Song gesanglich nicht gewachsen ist, sondern weil sie Russin ist. Es gibt Buhrufe für einen der besten Auftritte, weil die Künstlerin für eine unbeliebte Nation singt. Wenig überraschend dürfte die Tatsache sein, dass Russland nicht das einzige europäische Land ist, das Dinge tut, die es verdienen, ausgebuht zu werden. Braucht jemand eine Liste? Kein Mensch sollte Angst haben müssen, wegen seiner Nationalität angefeindet und ausgebuht zu werden. Das ist das gesellschaftliche Thema, um das es hier geht. STELLAN EIDT, Lübeck

■ betr.: „Ein perfekter Handwerker“, taz vom 26. 5. 15

Guter Kommentar zum Ausgang des diesjährigen ESC von Jan Feddersen. Am Ende hat er aber leider noch gepatzt. 12 Punkte gab’s aus Deutschland nicht für die Italiener, sondern für die vermeintliche Friedensbotschaft aus Russland. Dass ein Lied auch eine Lüge sein kann, hat man also auch bei uns nicht so wirklich erkennen wollen. HARTMUT GRAF, Hamburg

■ betr.: „Deutschland null Punkte“, taz.de vom 24. 5. 15

Dass Deutschland null Punkte bekam, war kein Qualitätsurteil. Auf Platz 1 hätte ich den Song allerdings auch nicht gebracht. Nassforsch erzählte der deutsche Kommentator am Anfang der Vorführungen, dass Norwegen als Favorit angesehen würde, und bei der Vorführung Belgiens, dass der belgische Sänger ein Geheimtipp wäre. Zur Zeit der Vorführungen hielt ich das für das Gewäsch eines schlechten Kommentators. Aber das Voting zeigte mir, dass es eine Vorbereitung auf das Ergebnis war. Meine – durchaus nur individuelle Wahl war: Politik: 1. Ungarn, 2. Frankreich, 3. Armenien. Gesang: 1. Italien. Ich glaube, dass dies weniger neben der Wirklichkeit lag als das Ergebnis.

Zu Montenegro: Es mag sein, dass ich slawische Texte emotional nicht nachvollziehen kann und insofern das Toleranz-Argument gilt. Aber das westöstliche Stimmen für Russland kommt mir korrupt vor. Schweden hielt ich für schlecht, Australien für nicht so schlecht, aber komisch, dass hier das Anerkennungsvoting die besseren Songs und Sänger verdrängte. Im nächsten Jahr sehe ich mir diese Sch… nicht mehr an.

ELMAR RÜHL, Karben

■ betr.: „Verändert Conchita Wurst Europa?“, taz.de vom 22. 5. 15

Ha ha, verändert vielleicht der ESC Europa??? Teutschland null Punkte – die Rache an Merkel & Co.!? Aber das ist natürlich auch WURSCHT!?

HTO, taz.de

■ betr.: „Verändert Conchita Wurst Europa?“, taz.de vom 22. 5. 15

Wenn jemand wie Conchita Wurst zementierte Geschlechter- und damit Machtverhältnisse sprengt, ist das begrüßenswert. Wobei ich zugeben muss, dass mich der ESC nicht interessiert, weil dort kaum Musik erklingt, die mir Spaß macht. Insofern finde ich auch, dass ihm die taz seit Jahren übertrieben viel Aufmerksamkeit widmet.

Andererseits gibt es in meiner taz immer wieder großartige Texte zur „Weltmusik“, so wie jetzt in den letzten Monaten zur Musik aus dem arabischen Raum. Das muss ich loben, wo ich schon sonst meine Abo-Zeitung so oft kritisiere.

ALBRECHT POHLMANN, taz.de

■ betr.: „Verändert Conchita Wurst Europa?“, taz.de vom 22. 5. 15

„Und sie wird gehört: Elton John, Karl Lagerfeld und Jean Paul Gaultier sind begeistert von ihr.“ Also, wenn sogar diese politischen Schwergewichte überzeugt sind, ist der Weltfrieden nicht mehr fern!

KURT-HORST DLOCH, taz.de

■ betr.: „Verändert Conchita Wurst Europa?“, taz.de vom 22. 5. 15

Nein. Conchita Wurst verändert weder Europa noch irgendetwas anderes. Zumal ich bislang keine inhaltliche Botschaft von ihr vernommen hätte, die neu und originär wäre. Halt, doch: den Kontostand ihres Bankkontos verändert sie.

WOLFGANG LEIBERG, taz.de

■ betr.: „Deutschland null Punkte“, taz.de vom 24. 5. 15

Selten so austauschbaren langweiligen Mist gehört … Diese ganzen Songs würden es ohne dieses Event wohl kaum in irgendwelche Charts schaffen, und die Punktvergabe hat zu großen Teilen etwas mit Ländersympathien zu tun – und das sollte uns Deutschen vielleicht zu denken geben!

EDL, taz.de

■ betr.: „Deutschland null Punkte“, taz.de vom 24. 5. 15

Also ich finde einen Marktanteil von 34 Prozent völlig ausreichend. Einen „standardisierten Einheitsgeschmack“ eines ganzen Volkes würde ich eher für fragwürdig und keinesfalls erstrebenswert halten. Der ESC passt mit seinem übertriebenen Nationalismus sowieso nicht in eine aufgeklärte moderne Gesellschaft. Ganz abgesehen davon, dass es überhaupt nichts mehr mit einem sauberen Wettbewerb zu tun hat, wenn Beiträge vorrangig nach Nationalzugehörigkeit bewertet und bejubelt werden anstatt nach der künstlerischen Leistung. TAZZY, taz.de

■ betr.: „Deutschland null Punkte“, taz.de vom 24. 5. 15

Ich hätte den Russen den Sieg an den Hals gewünscht, dann wäre Moskau nächstes Jahr die Homo-Hauptstadt Europas geworden. Schade, dass das nicht geklappt hat. Es wäre der verrückteste ESC aller Zeiten geworden. Na, so schauen wir halt mal wieder nach Stockholm, auch gut.

BOULEAZERO, taz.de