: High Noon am Schlachtensee
VERBOT Hundehalter in Steglitz-Zehlendorf sind erbost. Eine neue Verordnung verbietet ihnen ab Freitag das Gassigehen in Ufernähe. Auf einer Demonstration sagten sie am Donnerstag der neuen Regelung den Kampf an
■ Das Hundeverbot an Schlachtensee und Krumme Lanke hat das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf im Januar beschlossen.
■ Die Verordnung unterscheidet drei Verbotsbereiche, die sogenannte Hundeampel.
■ In rot markierten Gebieten sind Hunde prinzipiell verboten. Das betrifft das Baden in den Seen sowie Strandbereiche und Uferwege rundherum. Grünanlagen im Umfeld der Gewässer sind gelb gekennzeichnet. Hier sollen Hunde an der Leine geführt werden. Ein großes Waldstück nordwestlich der Seen gilt als „Grüner Bereich“ mit freiem Auslauf für alle Hunde.
■ Schilder und Pfähle in den jeweiligen Farben weisen vor Ort auf die verschiedenen Bereiche hin. (rom)
VON RONNY MÜLLER
Wann immer sich der Deutsche von seinem Staat gegängelt, bevormundet oder überwacht fühlt, kanalisiert er seine ganze Ohnmacht und Wut in einem bestimmten Satz: „Ich fühl mich hier echt wie bei der Stasi!“ Auch am Donnerstag rutscht er einer Frau am Schlachtensee über die Lippen. Die Hundehalter von Steglitz-Zehlendorf sind erzürnt.
Ab heutigem Freitag verbietet eine neue Verordnung Hunde auf dem Uferweg und in unmittelbarer Umgebung des Schlachtensees, der Krummen Lanke und des Naturschutzgebiets Riemeisterfenn. Als Ausgleich bietet laut Infoflyer der Stadt ein 720 Hektar großes Areal nordwestlich der Seen weiterhin Platz zum Gassigehen und Toben. Die Auslauffläche verkleinere sich um vier Prozent, heißt es weiter.
Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf will mit der neuen Regelung Besucher ohne Hund vor Belästigungen schützen und verhindern, dass Hundekot in die Gewässer gespült wird oder die Hunde Gruben in den weichen Boden am Ufer wühlen.
Die Bürgerinitiative „Berliner Schnauzen“ will aber, dass man weiterhin mit Hunden am See laufen kann. Sie sieht Hundehalter von der Verordnung diskriminiert und ausgegrenzt. Gemeinsam mit der Tierschutzstiftung „Erna Graff“ hat sie am Donnerstag zur Demonstration an den Schlachtensee aufgerufen. Laut Veranstalter sind rund 1.500 Hundefreunde dem Aufruf gefolgt – die meisten mit Hund. Viele Tiere reichen ihren Besitzern mindestens bis zum Knie.
Die Hundebesitzer eint ein gemeinsames Feindbild: Bezirksstadträtin Christa Markl-Vieto (Grüne). Sie hat sich für das Verbot besonders starkgemacht. Auf seinem mitgebrachten Transparent legt Hundehalter Jörg, seinen Nachnamen will er nicht nennen, Markl-Vieto in einer Fotomontage an die Leine. Er schimpft: „Markl-Vieto ist nicht bereit einen Kompromiss einzugehen. Ich laufe seit 30 Jahren mit Hunden hier lang, bei mir hat sich noch keiner beschwert.“
JÖRG, EIN HUNDEHALTER
Diana Gevers von der Erna-Graff-Stiftung wirft der Politik mangelnde Transparenz und fehlende Einsicht vor. Gemeinsam mit einem Anwalt werde eine Klage vorbereitet. „Im Optimalfall können wir den Beschluss gerichtlich stoppen“, sagt Gevers.
Ein älterer Mann beobachtet die Szene. „Das sind die Probleme unserer Wohlstandsgesellschaft. Ist doch prima“, kommentiert er amüsiert. „Wenn man die mit ihren ganzen Kötern sieht, kann man doch nur für das Verbot sein.“
Auch Hundebesitzer Jörg will mit seinem Hund weiter am Schlachtensee laufen: „Für uns bedeutet das Verbot gar nichts. Meines Wissens haben die nicht genug Personal zum Kontrollieren, und falls doch ein Bußgeld kommt, warten wir mal ab, was die Gerichte dazu sagen.“ Der Kampf um den Schlachtensee hat gerade erst begonnen.