piwik no script img

Archiv-Artikel

ULRICH SCHULTE ÜBER DEN BÜRGERDIALOG DER REGIERUNG Bloß keinen Spott, bitte

Klar, es ist leicht, die neueste Idee der Bundesregierung zu verspotten. Ein steuerfinanzierter Marketing-Gag für Merkel und Gabriel, eine Laberrunde ohne Wirkung, ein Versprechen, das die Parteien sowieso nicht einlösen. So und ähnlich kommentieren Opposition und Kritiker das groß aufgezogene Dialogformat, mit dem die Regierung mit den BürgerInnen ins Gespräch kommen will.

Solche Kritik ist sicher nicht ganz von der Hand zu weisen, einerseits. Aber mal andersherum gefragt: Was ist so schlimm daran, wenn Spitzenpolitiker wissen wollen, was das Volk denkt? Politik sollte und muss mit den Menschen anders reden. Offener, weniger technisch, kompromissbereiter. Diese Einsicht ist in den Parteien angekommen, sie ist auch schlicht, angesichts der Tatsache, dass sich ganze Bevölkerungsgruppen aus der Demokratie abmelden. Und alle, von der CDU bis zu den Linken, experimentieren, wie sich Dialog erneuern ließe.

Angesichts dessen ist es völlig in Ordnung, wenn die Regierung nun mit Wissenschaftlern den Bürgerwillen erkundet. Entscheidend ist aber, was sie daraus macht. Wenn am Ende ein Abschlussbericht in einer Schublade im Kanzleramt verschwindet, hätte die Regierung nicht nur Steuergeld umsonst ausgegeben, sie hätte auch den Bürgern Engagement lediglich vorgetäuscht. Diese Variante ist nicht unwahrscheinlich, viele Gesprächsforen endeten ergebnislos. Wenn sich aber Union und SPD an den Ergebnissen orientieren, wäre das doch der Idealfall: Bürger sagen, was sie wollen – und Parteien handeln.

Natürlich darf man auch das nicht überhöhen. Jede Partei wird sich herauspicken, was gut in ihr Portfolio und zu ihrer Wählerschaft passt. Und ja, alles wird dann sowieso im beginnenden Wahlkampf verhackstückt. Aber wie gesagt, selbst kleine Schritte sind manchmal wertvoll.

Gedöns SEITE 8