: In der Sonne baden
Im Bereich Solarthermie geht der Trend in Richtung Heizungsunterstützung. Kombiniert mit optimaler Dämmung der Außenwände können die Kosten deutlich gesenkt werden
VON BERNWARD JANZING
Nach ihrer Leistung bemessen, ist die Solarthermie in Deutschland die dominierende Form der Sonnenenergienutzung. Im vergangenen Jahr wurden bundesweit etwa 1 Million Quadratmeter Solarkollektoren installiert. Insgesamt waren damit Ende 2007 Kollektoren mit 6.500 Megawatt Leistung auf den Dächern installiert – im Vergleich zu 3.800 Megawatt an Photovoltaik.
Die Sonnenwärme erschließt sich dabei zunehmend auch einen neuen Einsatzbereich: Nachdem bis vor einigen Jahren thermische Solaranlagen fast ausschließlich zur Warmwassergewinnung genutzt wurden, werden inzwischen immer häufiger sogenannte Kombianlagen zur Heizungsunterstützung gebaut, vor allem in privaten Wohnhäusern. „Im vergangenen Jahr wurde bereits etwa jede zweite neue Anlage für die Heizungsunterstützung ausgelegt“, sagt Sebastian Fasbender vom Bundesverband Solarwirtschaft (BSW).
Das hat mehrere Gründe: Einer ist die immer bessere Dämmung der Häuser. Damit nämlich lassen sich bei der Heizenergie inzwischen durchaus nennenswerte solare Deckungsraten erzielen. Ein zweiter Grund sind die steigenden Preise von Öl und Gas. Und ein dritter Grund ist die Förderung: Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) gewährt für Kollektoren zur reinen Brauchwassererwärmung derzeit 60 Euro Zuschuss pro Quadratmeter, für Kollektoren mit Heizungsunterstützung jedoch 105 Euro.
Vor allem sind es die steigenden Ölpreise, die eine Solarunterstützung attraktiv machen. „Die Menschen haben Angst, dass sie in der Kälte sitzen“, sagt der Straubinger Architekt Georg Dasch, ein Vordenker des solaren Bauens, „inzwischen begreifen sie, dass die Ölpreise so lange steigen werden, bis wir unseren Verbrauch dem schrumpfenden Angebot angepasst haben.“
Doch wie groß muss eine Solaranlage sein, um die Heizung zu unterstützen? Solarinstallateure empfehlen häufig mindestens 12 Quadratmeter Kollektorfläche und einen Pufferspeicher mit mindestens 750 Litern. Damit lassen sich dann 10 bis 20 Prozent der Heizwärme solar decken. Architekt Dasch hingegen will deutlich mehr. In Bayern hat er bereits mehrere Sonnenhäuser gebaut, die zu 70 bis 100 Prozent solar beheizt werden. Das gelingt mit Kollektorflächen von 60 bis 80 Quadratmetern und Wasserspeichern von 10 bis 40 Kubikmetern Inhalt.
Einer, der in einem solchen Haus wohnt, ist Ingenieur Christian Lorenz in Kumhausen bei Landshut. Öl- und Gaspreise sind für ihn kein Thema mehr: „Darüber denken wir nicht mehr nach“, sagt er. Mit 68 Quadratmetern Kollektoren, und einem 11-Kubikmeter-Wasserspeicher erreicht er eine solare Deckungsrate von rund 80 Prozent. Das gelingt auch durch optimale Dämmung: „Bei Temperaturen von –20 Grad kühlt das Haus in der Nacht gerade um ein halbes bis drei viertel Grad ab.“
In Kappelrodeck in der badischen Ortenau steht unterdessen ein „100-Prozent-Solarhaus“ der Gerold Weber Solartechnik GmbH. Das Haus bezieht seine gesamte Wärmeenergie von 112 Quadratmetern Sonnenkollektoren. Ein Wassertank der Schweizer Firma Jenni mit 42,8 Kubikmeter Inhalt speichert die Wärme. Über Wandflächen- und Fußbodenheizung wird die Sonnenwärme im Haus verteilt.
Ein weiterer Entwickler von Solarhäusern ist die Fasa AG. Sie nennt ihr Wohnhaus zwar „Energetikhaus 100“, doch ganz an die 100 Prozent kommen die Gebäude in der Regel nicht heran. Sie gewinnen nach Herstellerangaben „mindestens 90 Prozent“ der Energie für Heizung und Warmwasserbereitung aus Sonnenenergie. Den Rest liefert ein Kaminofen mit Wärmetauscher.
Die Wärmeversorgung basiert auch hier überwiegend auf großflächigen Sonnenkollektoren und einem Langzeitwärmespeicher. Die Fläche der Flachkollektoren, die im Idealfall mit 70 Grad nach Süden geneigt werden, ist in der Regel etwa halb so groß wie die Wohnfläche. Die Größe des Wärmespeichers wird individuell berechnet, wobei 28 Kubikmeter als Standardwert angesetzt werden.
Solche Projekte zeigen, dass die Solarwärme noch eine große Entwicklung vor sich hat. Die Solarbranche spricht daher gerne vom „schlafenden Riesen Solarthermie“. Dass der Riese noch schläft, ist aus Sicht von Architekt Dasch jedoch ein Stück weit auch der Solarbranche zuzuschreiben: „Vor lauter Photovoltaik hat man die Solarwärme lange vernachlässigt, mitunter war in den letzten Jahren das Interesse an der Solarthermie in der Bauwirtschaft größer als in der Solarbranche selbst.“
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