: Unionisten lieben ihre Försterei
Der Erfolg macht dem 1. FC Union Berlin zu schaffen: Bei einem Aufstieg in die Profiliga bekäme das Heimstadion „Alte Försterei“ in Köpenick keine Lizenz. Und die ursprünglich geplante Sanierung ist zu teuer. Nun sucht Union nach Alternativen
VON JÜRGEN SCHULZ
Selten hat der Trainer eines Regionalliga-Spitzenclubs eine solch ruhige Vorbereitung absolvieren können wie Uwe Neuhaus vor dem Gastspiel von Eintracht Braunschweig. Kaum ein Journalist nervte den Coach des 1. FC Union bei der Arbeit auf dem Übungsplatz in der Wuhlheide mit der Frage, ob der Aufstieg in die 2. Bundesliga drin sei. Fast schien es, als rollte der Ball in Köpenick ins Abseits. Auch nach dem 2:2 am Sonnabend gegen Braunschweig, bei dem die Eisernen durch Dustin Heun (52. Minute) und Marco Gebhardt (55.) einen 0:2-Rückstand wettmachten, war das beherrschende Thema weniger die erfolgreiche Gegenwart im Amateurfußball als die unsichere Zukunft, falls der Sprung in das Profilager gelänge.
Vor einer Woche teilte Präsident Dirk Zingler überraschend mit, dass Union von dem avisierten Kauf des bezirkseigenen Stadions an der Alten Försterei in Köpenick Abstand nimmt. „Niemand kann von uns erwarten, ein Stadion für knapp 2 Millionen Euro zu kaufen, obwohl der bauliche Zustand eine Nutzung durch den Verein unmöglich macht“, erklärte er.
Die Fans reagierten enttäuscht bis erbost. Die Mannschaft lief gegen Braunschweig vor 9.600 Augenzeugen mit einem Transparent auf dem Rasen. Aufschrift: „Das ist unser Stadion! Die Alte Försterei muss leben“. Die meisten hatten damit gerechnet, dass ihr Kult-Club die Immobilie für einen symbolischen Kaufpreis von 1 Euro übernimmt und die marode Spielstätte für projektierte 17 Millionen Euro in eine schmucke Arena verwandelt. Denn für den baufälligen Kasten in seiner aktuellen Form erteilt der Deutsche Fußball-Bund keine Spielgenehmigung mehr – weder für die neue 3. Liga noch gar für höhere Spielklassen.
Jetzt hat Union ein Problem. Im letzten Jahr befürwortete der Sportausschuss im Senat den 1-Euro-Deal. Im Mai 2007 lag ein endverhandelter Kaufvertrag vor. Dann hieß es plötzlich, die EU könnte darin eine unerlaubte Subvention wittern und dem Senat Stress machen. Jetzt ist der Handel vorerst vom Tisch.
„Die emotionale Bindung der Fans des 1. FC Union an die Alte Försterei ist nachvollziehbar, muss aber leider angesichts der Haushaltssituation zurückgestellt werden“, erklärte Sport- Staatssekretär Thomas Härtel. Statt für 1 Euro sollte Union die Alte Försterei für 1,89 Millionen Euro kaufen – zu viel für den Verein. „Der Kaufpreis und die sofortigen Kosten zur Herstellung der Spielfähigkeit für die 3. und 2. Liga würden unsere geplanten privaten Investitionen von 17 Millionen Euro um 25 Prozent steigen lassen. Damit ist das vorgestellte Stadionprojekt für den Verein nicht mehr finanzierbar“, bedauerte Präsident Zingler.
Da weder der Bezirk Treptow-Köpenick noch der Senat die Haushaltsmittel auf die Schnelle zur Verfügung stellen können, um zur neuen Saison in der Wuhlheide die nötigen Baumaßnahmen durchzuführen, steht der Verein plötzlich ohne profitauglichen Arbeitsplatz da.
Der Senat rät nun zum Umzug in den Jahnsportpark in Prenzlauer Berg. Unter den Eisernen-Fans stößt der frühere Spielplatz des Erzrivalen BFC Dynamo jedoch kaum auf Gegenliebe. Ebenso wie das Olympiastadion, das Härtel empfohlen hat. Zingler signalisiert aber Gesprächsbereitschaft: „Für eine Übergangszeit gehe ich in jedes Stadion der Stadt.“ Das scheint Wirkung zu zeigen. Plötzlich wird im Senat nicht mehr ausgeschlossen, dass Union die „Försterei“ in Erbpacht übernehmen und den Kaufpreis abstottern könnte.