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Archiv-Artikel

Deutschlands berühmtester Exverleger

Der bisherige Aufbau-Verleger Bernd F. Lunkewitz, 60, wurde in jungen Jahren als „Che von Kassel“ bekannt. Er war bei der KPD/ML aktiv – und machte später ein Vermögen mit Immobilien FOTO: ROLF ZÖLLNER

Reich wird man, indem man billig einkauft und teuer verkauft.“ Warum jemand mit dieser Überzeugung ausgerechnet einen Verlag kaufte, wird vielleicht das Geheimnis von Bernd F. Lunkewitz bleiben. Für Außenstehende wirkt das genauso unvereinbar wie der Rest von Lunkewitz’ Laufbahn, der seit Freitag Deutschlands wohl berühmtester Exverleger ist.

Geboren 1947, ging Lunkewitz (der „Che von Kassel“) während der Studentenrevolte als überzeugter Maoist und Marxist gegen das Establishment auf die Straße. Er gründete die „Rote Garde Bockenheim“ und wurde 1969 vom Leibwächter des damaligen NPD-Vorsitzenden angeschossen. Mehr oder weniger einen Zufall nennt Lunkewitz es, dass er durch einen Studentenjob ins Immobiliengeschäft einstieg. Innerhalb weniger Jahre brachte er es hier getreu seiner Devise „billig einkaufen, teuer verkaufen“ zu einem beträchtlichen Vermögen. Einen Teil davon investierte er 1991 in den Aufbau-Verlag, den wichtigsten Belletristik-Verlag der DDR, den er im Zuge der Privatisierung durch die Treuhand für 900.000 DM erstand. Seither konnte der Maoist und Immobilienhändler Lunkewitz sich auch Verleger nennen.

Den Verdacht allerdings, dass ein Finanzmensch sich hier mit einer extravaganten Feder schmücken wollte und deshalb zur Abwechslung mal etwas kulturelles Kapitel akkumulierte, wurde er nie ganz los. Das lag weniger an seinem Agieren als Verleger und Investor in den vergangenen 17 Jahren: Unter Lunkewitz’ Leitung ist Aufbau auch zu einem der renommiertesten mittelgroßen Verlage im wiedervereinigten Deutschland geworden – auch wenn ihm die Geschäftsleitung von Aufbau nachsagt, mit seinen Investitionen immer nur Löcher gestopft und dadurch besseres Arbeiten verhindert zu haben. Dass Lunkewitz im Literaturbetrieb mit Argwohn beobachtet wurde, mag weniger an seiner Arbeit liegen, als vielmehr an seiner Persönlichkeit. Denn die widerspricht so allem, was man mit Intellektualität oder Literaturbeflissenheit verbindet.

Böse Zungen, die ihn als „Halunkewitz“ verballhornen, sehen in ihm eine Mischung aus windigem Finanzbonzen und etwas missglückter Brecht-Karikatur, die er mit seinem omnipräsenten und ostentativen Rauchen dicker Zigarren in der Öffentlichkeit gibt. Wer ihm noch nie recht über den Weg getraut hatte, bekam am Freitag eine schmerzhafte Bestätigung seiner Ahnungen. Ohne mit der Geschäftsleitung diesen Schritt abzusprechen, meldete Lunkewitz den Aufbau-Verlag insolvent und kündigte gleichzeitig die Verlagsräume in Berlin-Mitte. Methoden, die ganz und gar nicht nach Verleger, sondern eher nach Immobilienhai klingen. WIEBKE POROMBKA