: Betr.: kinotaz nord
B
Badland USA 2007, R: Francesco Lucente, D: Jamie Draven, Grace Fulton
„Die Schatten des Krieges: Ein Irakveteran läuft Amok und flieht mit seiner Tochter quer durch die USA. Mit bedrückender Konsequenz erzählt Francesco Lucente vom Scheitern des amerikanischen Traums. Dass man über die bombastische Musik und inszenatorische Längen hinwegsieht, unterstreicht nur, welche Sogwirkung von diesem bewegenden Porträt eines Mannes ausgeht, dessen Leben sich anfühlt, als würde die Welt mit Fäusten auf ihn einschlagen.“ (Cinema) HB
BenX Belgien / Niederlande 2007, R: Nic Balthazar, D: Greg Timmermans, Laura Verlinden
„Im Online-Spiel ist er der Star, der seinen unbeirrbaren Helden ‚BenX‘ durch eine mystische Landschaft steuert, doch im Leben kann sich Ben nicht durchsetzen. Der 17-Jährige ist hochbegabt, leidet aber unter einer autistischen Störung und kann die Probleme des Schulalltags nur durch feste Rituale und das Eintauchen in seine virtuelle Welt kompensieren. Doch das Mobbing durch fiese Schulkameraden nimmt zu. Raffiniert hat der Belgier Nic Balthazar in seinem Teenie-Drama die Ebenen des Realfilms und der Online-Welt verknüpft. Eine feinfühlige Abhandlung über Intoleranz und mediale Fluchten.“ (Rheinischer Merkur) HH
Blöde Mütze Deutschland 2007, R: Johannes Schmid, D: Johann Hillmann, Lea Eisleb
„Die betitelte Kopfbedeckung will nicht zu ihrem zwölfjährigen Träger passen: ‚Champion‘ steht auf dem Baseballcap des wohlbehüteten, etwas schmächtigen Martin , der mit seinen Eltern in das verschlafene Nest Bellbach gezogen ist. Neue Freunde, neue Schule und die hübsche, gleichaltrige Silke sowie der coole Rivale Oliver sorgen für Aufregung. Ohne dramatische Exzesse und erhobenen Zeigefinger verknüpft Regisseur Johannes Schmid nach der gleichnamigen Romanvorlage seines Bruders Thomas virtuos die Alltagssorgen seiner jugendlichen Protagonisten. Ein authentischer Jugendfilm, der den Kinder-Medien-Preis erringen konnte.“ (Rheinischer Merkur) HB, HH
Brügge sehen… und sterben? Großbritannien 2008, R: Martin McDonagh, D: Colin Farrell, Brendan Gleeson
„Nach einem Mord mit tragischen Nebenwirkungen schickt Gangsterboss Harry seine beiden Killer Ray und Ken zum Abtauchen nach Brügge. Die irischen Wurzeln von Theaterautor Martin McDonagh sind auch in seinem Filmdebüt sichtbar. Seine Komödie ist eine Liebeserklärung an das irische Naturell, das vor allem Colin Farrell fluchend, flirtend, trinkend und schlagend verkörpert, aber auch an den Schauplatz Brügge. Surreale Szenen reichern die Story an, die im Hitmen-Genre einen amüsanten Ableger zeugt. Ein moralisches Märchen über Mörder, die Charakter zeigen.“ (Blickpunkt:Film) H, HB, HH, HL, KI, OL
C
Caramel Frankreich 2007, R: Nadine Labaki, D: Nadine Labaki, Ismaïl Antar
„Der Film schildert den Alltag von fünf Frauen in einem Beiruter Friseursalon – mit amourösen, familiären, kosmetischen und beruflichen Problemen, wie sie auch in Barcelona oder Biarritz an der Tagesordnung sind. Auf den zweiten Blick liefert Filmemacherin Nadine Labaki eine für westliche Beobachter sehr aufschlussreiche Komödie über die Zustände im Libanon, wo die Frauen einen anstrengenden Slalom zwischen Moderne und Religiosität absolvieren müssen. Eine lesbische Schwärmerei, eine heimliche Affäre oder eine vor der Ehe verlorene Unschuld erhalten hier ein ganz anderes Gewicht. Das ist warmherzig, amüsant und melancholisch, dazu famos gespielt.“ (Cinema) BHV, HB, HH, KI
Cassandras Traum USA/Großbritannien/Frankreich 2007,R: Woody Allen, D: Colin Farrell, Ewan McGregor
„Woody Allen erzählt mal wieder von Verbrechen und anderen Kleinigkeiten. Woody Allen musste diesmal ohne seine Muse Scarlett Johansson auskommen, Ersatz Hayley Atwell als manipulative Angela ist ihr Abbild. Ob es an Scarletts Abwesenheit lag, dass ‚Cassandras Traum‘ so flau ausgefallen ist? Die schlichten Dialoge (‚Hat man eine bestimmte Grenze überschritten, gibt es kein Zurück mehr‘) sind eines Woody Allen nicht würdig, ebenso wenig der metaphorische Titel: Das Boot der Brüder trägt den Namen Cassandra, nach der Unheil kündenden Seherin aus der griechischen Mythologie. Da ahnt der Zuschauer Böses. Der Humorpunkt geht in erster Linie an Colin Farrell, der sich von Szene zu Szene verzweifelter an seine Bierflasche klammert, Ewan McGregor überzeugt als kaltblütiger Blender Ian. Die gnadenlose Klasse von ‚Match Point‘ erreicht ihr Schicksal trotzdem nie.“ (Cinema) H, HB, HH
Chiko Deutschland 2007, R: Özgür Yildirim, D: Denis Moschitto, Moritz Bleibtreu
„‚Chiko‘, ein türkischer Kleinganove, und sein Kumpel Tibet träumen davon, eines Tages im weißen Mercedes über das harte Pflaster ihres Viertels zu gondeln und der Kiezgröße Brownie das Revier streitig zu machen. Mit viel Schmackes hat Özgür Yildirim diesen von Fatih Akin produzierten Hamburger Gangsterfilm inszeniert, rüde und ungestüm wie seine Helden. Auch ein wenig Protzgehabe ist dabei, wenn Yildirim dem Zuschauer in den Dialogen ständig Slangausdrücke um die Ohren haut, um zu beweisen, wie gut er die Straße kennt, oder wenn er bei Gewaltszenen das zeigt, was besonders weh tut. Doch mit genauem Blick, zupackender Inszenierung und viel Humor erschafft er schillernde Figuren, die ihre Herkunft aus anderen Filmen wie Martin Scorseses ‚Hexenkessel‘ immer mehr vergessen lassen.“ (Der Spiegel) HH
The Comebacks USA 2007, R: Tom Brady, D: David Koechner, Carl Weathers
„Football-Klamotte um einen glücklosen Trainer, der wider alle Erwartungen mit einem Team von Losern eine Universitätsmeisterschaft gewinnen kann. Als persiflierender Rundumschlag auf Sportfilme aller Art angelegte, jedoch humorfreie und weitgehend niveaulose Komödie, die nur schematisch Genrekonventionen bedient, anstatt sie gewitzt zu revidieren, und die noch nicht einmal ein Mindestmaß an Eigenständigkeit zu erreichen.“ (filmdienst) HH
D
Daddy ohne Plan USA 2007, R: Andy Fickman, D: Dwayne „The Rock“ Johnson, Madison Pettis
„Ein niedlicher Knirps wirbelt das Leben des Footballstars Joe durcheinander. Wie Vater und Tochter gegen alle Widerstände zueinanderfinden und wie Joe rechtzeitig zum tränenreichen Happy End erkennt, was im Leben wirklich zählt, folgt einer gängigen Formel für kindgerechte Familienunterhaltung, die schon in zahllosen Disney-Produktionen erprobt wurde. Den Unterschied machen die beiden wunderbar harmonierenden Protagonisten. Wenn sich der Actionfilm-Held Johnson (‚Doom‘), der sein Comedy-Potenzial bereits in „Be Cool“ unter Beweis gestellt hat, mit der temperamentvollen Kinodebütantin Madison Pettis kabbelt oder beim Kinderballett sein Bestes gibt, stimmt die Chemie. So charismatisch wurden uns olle Kamellen schon lang nicht mehr.“ (Cinema) H, HB, HH, HL, KI, OL
Deep Blue Deutschland/Großbritannien 2003, R: Alastair Fothergill, Andy Byatt
„Einzigartige Einblicke in die Welt unserer Ozeane präsentiert ‚Deep Blue‘, ein visuell und akustisch beeindruckendes Leinwanderlebnis. Als eines der außergewöhnlichsten und aufwändigsten Projekte, die je im Bereich des Dokumentarfilms realisiert wurden, zieht der Film den Zuschauer magisch hinein in das faszinierende Leben unter dem Meeresspiegel.“ (film.de) HB
Die Drachenjäger Frankreich/Deutschland 2008, R: Guillaume Ivernel, Arthur Qwak
„In der Zukunft ist die Erde kein kein schöner runder Planet mehr, sondern besteht aus unzähligen übersichtlichen Bruchstükken, auf denen es sich die Erdbewohner mehr oder weniger gemütlich eingerichtet haben. Zu allem Überfluss machen ihnen allerdings noch ein paar Drachen das Leben schwer. Das Drachenjäger-Gespann Gwizdo und Lian-Chu machen sich gemeinsam mit Zoe auf, dem Einhalt zu gebieten. Die deutsch-französische Koproduktion zeigt einmal mehr, dass nicht nur die Amerikaner das CGI-Handwerk beherrschen. Und auch wenn die Vorlagen, von ‚Ice Age‘ bis ‚Shrek‘ unübersehbar sind. gelingt es dem Film einen ganz eigenen Charakter zu entwickeln, der nicht zu letzt vom nicht immer Kleinkind-tauglichen, anarchischem Witz profitiert.“ (Blickpunkt:Film) H, HB, HH, HL, KI, OL
E
Ein einziger Augenblick USA 2007, R: Terry George, D: Joaquin Phoenix, Jennifer Connelly
„Kraftvolles Drama über einen verzweifelten Vater, der den Mann sucht, der die Schuld am Tod seines Sohnes trägt. Nach dem Roman ‚Eine Sekunde nur‘ von John Burnham Schwartz realisierte Terry George (‚Hotel Ruanda‘) in seinem ersten in den USA angesiedelten Film ein eindringliches Drama über Trauer, Schuld, Rache und Vergebung, das die Poesie der Vorlage in entsprechende bewegende Bilder übersetzt. Vor allem ist ‚Reservation Road‘ aber ein Film, der von der Leistung seiner Schauspieler lebt. Joaquin Phoenix ist als von Verzweiflung getriebener Vater ebenso stark wie Mark Ruffalo, der die inneren Konflikte eines Mannes, dem von Schuld der Atem geraubt wird, verdeutlicht.“ (Blickpunkt:Film) H
Ein Mann für alle Unfälle USA 2008, R: Steven Brill, D: Owen Wilson, Leslie Mann
„Sie sind ein kümmerliches Trio: Vom ersten Tag an werden der rundliche Ryan, Brillenträger Wade und der schmächtige Emmit an ihrer neuen Schule herumgeschubst. Vor allem Rowdy Filkins hat es auf sie abgesehen. Um mit einem blauen Auge davonzukommen, heuern die Prügelknaben einen Bodyguard an. Ein gewisser Drillbit Taylor mit ominöser Army-Vergangenheit erhält den Zuschlag. Bereitwillig schleust sich ihr Beschützer als ‚Vertretungslehrer‘ an ihrer Schule ein – und findet schnell Anschluss beim weiblichen Lehrkörper. Im Gegensatz zum saftigen Überraschungshit ‚Superbad‘ haben Apatow und Rogen diesmal weitgehend auf ihren vulgären Humor verzichtet. Das ist vielleicht pädagogisch wertvoll, macht den Film aber auch etwas zu lahm.“ (Cinema) HB
21 USA 2008, R: Robert Luketic, D: Jim Sturgess, Kevin Spacey
„‚21‘ ist die entscheidende Zahl beim Black Jack und das Alter des von Jim Sturgess gespielten Helden Ben. Der schließt sich einer Gruppe von Zockern um die attraktive Jill (Kate Bosworth) an, um genug Geld für sein Studium zu verdienen. Kevin Spacey gibt mit dem Charme des Verführers wunderbar süffisant Bens Lehrmeister an der Uni und am Kartentisch und vertritt hier wie da die These, es komme einzig auf Kombination und ein gutes Zahlengedächtnis an. Natürlich hat das vermeintlich sichere System Lücken, die der von Robert Luketic inszenierte Film leider sehr vorhersehbar aufdeckt. Spielen nach Zahlen, das mag aufgehen. Filmen nach Zahlen führt zur Langeweile.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, OL
Ein verlockendes Spiel USA 2008, R: George Clooney, D: George Clooney, Renée Zellweger
„Nach starkem Politfokus in seinen letzten Arbeiten als Schauspieler und Regisseur setzt George Clooney in seiner dritten Inszenierung auf unbeschwerte Unterhaltung. Vorbilder für seine romantische Komödie sind die Screwball-Klassiker der goldenen Hollywood-Ära. Überzeugend erweist er ihnen in witzigen Dialogduellen mit Reneé Zellweger Reverenz, die, unterstützt von einer liebevollen Ausstattung, die Rahmenhandlung überstrahlen.“ (Blickpunkt:Film) H, HB, HH, HL, KI
The Elephant King USA/Thailand 2006, R: Seth Grossmann, D: Tate Ellington, Jonno Robert
„Zwei ungleiche Brüder lassen sich in Thailand ziellos treiben - bis zum bitteren Erwachen. Coming of Age und Culture Clash sind die Schlagworte, die den Film vage umreißen. Und Regisseur Seth Grossman wagt in seinem Debüt den Versuch, beides geschickt zu vereinen. Wenn der stille Oliver im Touristenmekka dem verführerischen Leben eines Westeuropäers auf dem Asientrip verfällt und eine erste unglückliche Liebe lebt, zeigt der Film ganz unaufdringlich auch die Schattenseiten des fernöstlichen Paradieses: Wie fühlt sich der Alltag zwischen Tempel und Tanzpalast für Thailänder an? Grossman lebte selbst in Chiang Mai, und sein Gespür für Atmosphäre und Mythen des Landes verhindert, dass es zur reinen Kulisse verkommt. So gelingt der Spagat zwischen exotischem Abenteuer und dramatischer Charakterstudie verblüffend gut.“ (Cinema) H, HB
The Eye USA 2007, R: David Moreau, Xavier Palud, D: Jessica Alba, Alessandro Nivola
„Nach der Transplantation einer Netzhaut kann eine Violinistin, die seit ihrem fünften Lebensjahr erblindet ist, zwar wieder sehen, doch weitaus mehr als ihr lieb ist, da sie nun mit der Gabe des zweiten Gesichts ‚gesegnet‘ ist. US-Remake eines gleichnamigen asiatischen Horrorfilms, das trotz enger Anlehnung an die Vorlage nicht deren Dichte erreicht. Der Schrecken läuft sich in der westlichen Fassung bald in wenig originellen Effekten tot und bedient bestenfalls spiritistische Interessen. Dabei offenbaren sich indirekt wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Kulturräumen.“ (filmdienst) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
F
Falco – Verdammt, wir leben noch! Österreich 2008, R: Thomas Roth, D: Manuel Rubey, Patricia Aulitzky
„Der Hansi Hölzl war ja schon zu Lebzeiten eine Legende. Der Überflieger. DER Falco. Neben Schnitzel, Sachertorte und Mozartkugel der größte österreichische Exporthit. Dass sich seine Lieder auch ein paar US Bürger auf die (Platten-)Teller geholt haben, lässt noch heute Produzenten mit geschwellter Brust dasitzen. Und das Beste dran: Er ist tot. Eine der Grundvoraussetzungen, um in Wien, man möchte meinen in ganz Österreich, gemocht zu werden. Dramaturgisch ist die Vermischung der öffentlichen Person Falco und der des Hansi Hölzl leider einfach zu konstruiert. Wenn jeder Satz bei Alltagshandlungen wie eine Textzeile aus einem seiner Lieder klingt, stellt sich unweigerlich die Frage, ob sich hier das Leben an den Liedern orientiert und nicht umgekehrt. Diese schnörkellosen Kausalzusammenhänge wirken ungewollt lächerlich.“ (allesfilm.com) H, HB, HH, HL, KI
Filmische Freibeuter “Found Footage-Filmer sind die Freibeuter der Filmindustrie. Sie entreißen der Kinomaschinerie Material, um es zu recyclen und ihm neue Botschaften abzutrotzen. Ob Wochenschau, Porno, Disney-Tierfilm oder Genreklassiker: Mit ihren subversiven Neubearbeitungen dekonstruieren und unterlaufen die FF-Filme die ursprünglichen Wirkungen. Zu sehen ist eine Auswahl von Klassikern, darunter der legendäre ‚Home Stories‘ von Matthias Müller und der 2005 in Cannes präsentierte ‚Instructions for a Light‘ und ‚Sound Machine‘ von Peter Tscherkassky.“ (Kino 46) HB
Fleisch ist mein Gemüse Deutschland 2008, R: Christian Görlitz, D: Heinz Strunk, Maxim Mehmet
„Der Hamburger Entertainer Heinz Strunk führt höchstpersönlich durch die Verfilmung seines gleichnamigen Bestsellerromans, einen autobiografischen Rückblick auf die 80er Jahre, in denen der Autor mit der Tanzkapelle Tiffanys und dem eloquenten Bandleader Gurki über die norddeutschen Dörfer getingelt ist. Zwar ist das Jammertal einer verklemmten Jugend wesentlich weicher gezeichnet als im Buch. Doch dafür gewinnt Strunks schlagerselige Geschichte durch exzellente Darstellungen der Frauenfiguren eine menschliche Dimension.“ (tip) H, HH, KI
Der Fliegende Händler Frankreich 2007, R: Eric Guirado, D: Nicolas Cazalé, Clotilde Hesme
„Erzählt wird von einem mürrischen Stadtmenschen, der nach Jahren in sein so idyllisches wie abgelegenes Heimatdorf zurückkehrt. Er soll der Mutter im Lebensmittelladen aushelfen, nachdem der Vater schwer krank geworden ist. Mit dabei: Seine schöne Nachbarin, die in Ruhe aufs Examen büffeln will. Missmutig nimmt der Heimkehrer die Lieferfahrten in die fast nur noch von Greisen bewohnten Bergdörfer wieder auf. Doch statt wie befürchtet in der Provinz zu versauern, lernt er den ruppigen, aber herzlichen Menschenschlag schätzen – und entwickelt sich zum guten Hirten der Hinterwäldler. Gefällig mischt Regisseur Guirado Zartbitteres mit Süßem, Liebesfreud, Herzschmerz und Familienknatsch, ohne je den Verdacht zu erregen, das Ganze könne unhappy enden. Beiläufig reicht der Blick auch in die Problemzonen des ländlichen Raums: das soziale Veröden der Dörfer, der ökonomische Druck auf die kleinen Lädchen – und wie darunter die privaten Beziehungen leiden.“ (Schwäbisches Tagblatt) HB, HH, HL
Funny Games U S USA/Frankreich/Großbritannien/Österreich/Deutschland/Italien 2007, R: Michael Haneke, D: Naomi Watts, Tim Roth
„Die Unmoral des gewalttätigen Mainstream-Kinos hat sich Michael Haneke bereits mit seiner ersten Version von ‚Funny Games‘ (mit dem brillanten Schauspielerpaar Susanne Lothar und Ulrich Mühe in den Hauptrollen) vorgenommen. Nun doppelt er nach mit ‚Funny Games US‘, einem Shot-by-Shot-Remake mit Naomi Watts und Tim Roth in den Hauptrollen. Auch diesmal hat der deutsch-österreichische Filmautor nicht etwa das medienkritische Publikum vor Augen, sondern den tumben – wiederum laut Haneke: amerikanischen Kinogänger, der sich über seinen fragwürdigen Konsum von Gewaltdarstellung keine Gedanken macht und sich übrigens auch den ersten Film nicht angesehen hat, was für Haneke Grund genug war, den zweiten zu drehen. Aber der neue Film krankt am Gleichen wie der alte: Wo der Sadismus der Täter ohne jede Erklärung gesellschaftlicher Zusammenhänge bleibt, ist der aufklärerische Furor reine Behauptung.“ (Neue Zürcher Zeitung) H, HB, HH, KI
G
Die Geheimnisse der Spiderwicks USA 2007, R: Mark S. Waters, D: Freddie Highmore, Mary-Louise Parker
„Tempo- und effektreiche Verfilmung einer Jugendbuchreihe über drei Geschwister, die eine Welt magischer Kreaturen wiederbeleben. Gute Effekte, dynamische Actionsequenzen und ein meist kitschfreier Ton sind die Stärken dieses Big-Budget-Abenteuers, das vor der Kamera Kinderstar Freddie Highmore in einer Doppelrolle und dahinter Spitzenkräfte der Branche präsentiert. Wirklich Neues erwartet den Harry-Potter-erfahrenen Fantasyfan zwar nicht, aber der Mix aus Witz und durchaus düsteren Spannungsmomenten garantiert trotzdem attraktives Family-Entertainment.“ (Blickpunkt:Film) H, HB, HH
H
Himmel ohne Sterne Deutschland 1955, R: Helmut Käutner, D: Erik Schumann, Eva Kotthaus
„Das Problem der Teilung Deutschlands und der Widersinn der aufgezwungenen „widernatürlichen“ Grenze, sinnfällig gemacht an der tragisch und tödlich endenden Geschichte der Liebe zwischen einer Fabrikarbeiterin aus dem Osten und einem Grenzschutzbeamten aus dem Westen Deutschlands. Ausgezeichnet fotografiert, gut gespielt, doch ungleichwertig in der Gestaltung und mit einem prätentiösen Dialog belastet. Nach wie vor eindrucksvoll als ein Plädoyer für mehr Menschlichkeit.“ (Lexikon des internationalen Films) HH
Die Höhle des gelben Hundes Deutschland 2005, R: Byambasuren Davaa, D: Batchuluun Urjindorj
„Mit der ‚Geschichte vom weinenden Kamel‘ bewies die Regisseurin Byambasuren Davaa ihr Gespür für atemberaubende Naturdarstellungen. Mit ,Die Höhle des gelben Hundes‘ entführt sie den Zuschauer erneut in ihre mongolische Heimat und zeigt ein kleines Mädchen, das in der Steppe einen Hund findet. Die Geschichte betont das harmonische Zusammenleben von Mensch und Natur und die Lebendigkeit alter Mythen und religiöser Vorstellungen in Zeiten des Umbruchs.“ (Rheinischer Merkur) HB
Horton hört ein Hu! USA 2008, R: Steve Martino, Jimmy Hayward
„Elefant Horton, der im Dschungel lebt, gilt als gutmütig und zuverlässig. Eines Tages hört er Stimmen aus einem Staubkorn – die Gemeinschaft der winzigen Hus bittet ihn um die Errettung ihrer bedrohten Hu-Heimat. Als Horton die Winzlinge zu seinen Schutzbefohlenen erklärt, wird er von den restlichen Dschungelbewohnern für übergeschnappt erklärt und bald sogar als Bedrohung empfunden. Die Animationskünstler von ‚Ice Age‘ haben für ihren neuesten Zauberstreich wieder in die digitale Trickkiste gegriffen und die Adaption der erfolgreichen Kinderbuchvorlage von Dr. Seuss (‚Der Grinch‘) zu einer quirlig farbenfrohen Toleranzbotschaft gepixelt.“ (Rheinischer Merkur) H, HB, HH, HL, KI, OL
I
Ich. Immendorff Deutschland 2007, R: Nicola Graef
„‚Ich. Immendorff‘ dokumentiert die letzten zwei Jahre im Leben des 1945 geborenen und wohl berühmtesten zeitgenössischen deutschen Malers, Jörg Immendorff, bis zu seinem Tod am 28. Mai 2007. Zunehmend gezeichnet von der Nervenkrankheit ALS, gewährte der Meister der Filmemacherin Nicola Graef viele lange und intime Gespräche in seinem Düsseldorfer Atelier. Außerdem kommen seine Mutter, die Ehefrau, sein Arzt, alte Weggefährten wie Markus Lüpertz und neue Bewunderer wie der leicht überdreht-enthusiastische Jonathan Meese zu Wort. Nur Prostituierte und Drogen, deren er sich auch bisweilen bediente, kommen in dem unverhohlen bewundernden, aber durchaus aufschlussreichen Porträt des sensiblen Egomanen nicht vor, der es vom Protestkünstler zum Hofmaler von Kanzlers Gnaden brachte.“ (Der Spiegel) H, HH, KI
Im Namen des Vaters Irland/Großbritannien/USA, 1993, R: Jim Sheridan, D: Darsteller: Daniel Day-Lewis, Pete Postlethwaite
„Vier junge Iren und ihre angeblichen Helfer werden 1975 Bombenanschläge auf Londoner Pubs vorgeworfen. Sie werden durch Folter „geständig“ gemacht und teils zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Im Gefängnis nehmen Vater und Sohn, unterstützt von einer engagierten Rechtsanwältin, den Kampf gegen das Fehlurteil auf. Der in die Skandalchronik der britischen Justiz als der ‚Guilford Four‘-Fall eingegangene Prozeß dient als Hintergrund für einen für Gerechtigkeit und Verständnis plädierenden Film, der durch große emotionale Kraft berührt. In Inszenierung, Kamera, Schnitt und schauspielerischen Leistungen gleichermaßen.“ (Lexikon des interationalen Films) HB
Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels USA 2008, R: Steven Spielberg, D: Harrison Ford, Cate Blanchett
„Im neuen Indiana-Jones-Spektaktel, das im Jahr 1957 spielt, muss sich der Held mit bösen Sowjetrussen herumschlagen, angeführt von der schönen Irina Spalko (Cate Blanchett). Doch bald muss sich Jones einer größeren Macht stellen: Außerirdischen. Die Geschichte führt Jones und den jungen Mutt (Shia LaBeouf), von dem sich bald herausstellt, dass er Indys Sohn ist, nach Südamerika. Auf der Suche nach einem geheimnisvollen Kristallschädel, offenbar der Kopf eines Aliens, überstehen sie zahllose Verfolgungsjagden durch Dschungel und staubige Tempelruinen. Die Spezialeffekte, vor allem in den letzten 30 Minuten, erinnern dabei verdächtig an Bilder aus Spielbergs Science-Fiction-Filmen ‚Unheimliche Begegnung der dritten Art‘ und ‚E. T. – Der Außerirdische‘. Im Alter von 61 Jahren scheint Spielberg offenbar einige seiner größten kommerziellen Erfolge kombinieren zu wollen – mit durchwachsenem Ergebnis.“ (Der Spiegel) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Interview USA/Kanada/Niederlande 2007, R: Steve Buscemi, D: Sienna Miller, Steve Buscemi
„Ein Interview mit einer Soap-Darstellerin, das ein Journalist, der einen politischen Skandal recherchiert, als Degradierung empfindet, entwickelt sich zu einem Duell, zum Spiel zwischen Angriff und Rückzug, bei dem wechselseitige Beichten ausgetauscht und die Grenzen zwischen Lüge und Wahrheit immer fließender werden. US-Remake eines niederländischen Films, das bei aller spielerischen Leichtigkeit nicht darüber hinweg täuscht, dass es um einen Kampf um Machtverhältnisse geht, in dessen Verlauf die Mechanismen der Mediengesellschaft zutage treten. Ein von überzeugenden Darstellern getragener Show Down, dessen Entwicklung wie eine Versuchsanordnung funktioniert.“ (filmdienst) HH, KI
Into the Wild USA 2007, R: Sean Penn, D: Emile Hirsch, Marcia Gay Harden
„Christopher McCandless stürzte sich in Stromschnellen, trampte ohne Geld quer durch die USA und suchte in der einsamen Wildnis Alaskas nach der Erfahrung der Freiheit. Nach einer wahren Begebenheit erzählt Sean Penn die Geschichte von einem, der auszog, sich selbst zu prüfen, und dabei ein tragisches Ende fand. Der sehenswerte Film preist die Schönheit der Natur und des Aufbruchs und kann sich der schwärmerischen Naturromantik seines Protagonisten leider nicht immer entziehen.“ (tip) HB
Iron Man USA 2008, R: Jon Favreau, D: Robert Downey Jr., Gwyneth Paltrow
„‚Iron Man‘ ist ein vorrangig in den USA berühmter Comic-Superheld aus dem Marvel-Universum, der seine gold- und rotglänzende Rüstung nun auch im Kino anlegt. Der Waffenfabrikant Tony Stark, genialer Erfinder und eitler Playboy, gerät im afghanischen Krisengebiet in Gefangenschaft, kommt beinahe ums Leben – und kann sich nur mit Hilfe eines metallenen Anzugs aus der Höhle der Terroristen befreien. Entsetzt über die gewaltige Wirkung seiner Waffen in freier Wildbahn beschließt Stark, fortan als Gerechtigkeitshüter im maßgeschneiderten Hightech-Gewand zu wirken. Regisseur Jon Favreau (‚Buddy – der Weihnachtself‘) steuert das Action-Spektakel humorvoll durch diverse Drehbuchschwächen. Ohne die Lebendigkeit und herrliche Selbstironie des aus der Drogenhölle entkommenen Hauptdarstellers Robert Downey Jr. wäre der Kino-Eisenmann allerdings ein klarer Fall für den Schrottplatz.“ (Der Spiegel) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
J
Jodhaa-Akbar Indien 2008, R: Ashutosh Gowariker, D: Aishwarya Rai, Hrithik Roshan / Originalfassung mit Untertiteln
„Indien im 16. Jahrhundert: Der muslimische Mogul Jalaluddin Muhammad Akbar will sein auch durch religiöse Zwiste zersetztes Reich neu einen und heiratet deshalb eine Hindu-Prinzessin. Die Liaison stößt auf Widerstände, und auch politischen Intrigen muss sich das Paar stellen. An einer historischen Figur orientiertes Epos, das sich für ein harmonisches Miteinander von Hindus und Muslimen einsetzt, aber in der einseitigen Verklärung des Herrschers etwas simpel und hölzern bleibt. Als opulenter Augenschmaus ist der Film jedoch höchst unterhaltsam.“ (Lexikon des internationalen Films) H
K
Keinohrhasen Deutschland 2007, R: Til Schweiger, D: Til Schweiger, Nora Tschirner
„Mit einer Mischung aus Selbstironie und Selbstgefälligkeit spielt Schweiger einen aasigen Weiberhelden, den Berliner Boulevardreporter Ludo, der gemeinsam mit dem Fotografen Moritz die Hauptstadtprominenz belästigt. Ludo platzt unangemeldet in die Verlobungsfeier von Boxer Wladimir Klitschko (recht überzeugend dargestellt von Klitschko persönlich) mit der Schauspielerin Yvonne Catterfeld und demoliert aus Versehen die festlich gedeckte Tafel. Derart muffige Rollenmuster haben die meisten modernen Hollywood-Filme seit Jahren überwunden. Kürzer, knapper müsse das Ganze rüberkommen, erkennt sie bald – ein Ratschlag, den der Filmemacher Schweiger leider missachtet hat. Stattdessen dehnt er selbst die gelungenen Gags derart schamlos, bis auch der letzte Lacher auf der Strecke bleibt.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, HL
Kinski – Jesus Christus Erlöser Deutschland 2008, R: Peter Geyer, D: Klaus Kinski
„Dokumentation über die legendäre ‚Jesus Christus Erlöser‘-Rezitation von Klaus Kinski im November 1970 in Berlin, die durch Zwischenrufe des Publikums zum Debakel wurde. Der klug montierte Film gibt die spannungsgeladene Dramaturgie des Abends nahezu chronologisch wieder. Ein aufregendes und zugleich amüsantes Zeitdokument über das debattiersüchtige Berliner Milieu der frühen 1970er-Jahre, in dem Ernsthaftigkeit und Verbohrtheit oft nahe beieinander lagen.“ (filmdienst) H, HH
Kirschblüten – Hanami Deutschland 2008, R: Doris Dörrie, D: Elmar Wepper, Hannelore Elsner
„‚Kirschblüten – Hanami‘ ist ein tieftrauriger und zugleich sehr beglückender Film über den Tod. Ein Verwaltungsbeamter, dessen Frau Trudi überraschend verstorben ist, bricht aus seiner bayerischen Heimat nach Japan auf – in ein Land, von dem Trudi zeitlebens geträumt hat. Neugierig und mit wieder erwachenden Sinnen erkundet er die fremde Kultur und erfährt dabei, wie stark die Liebe zu seiner Frau wirklich war. In ihrem bislang stärksten Film erzählt Doris Dörrie feinfühlig, lakonisch und bewegend von Verlust, Trauer und der Lebenslust im Angesicht des Todes.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, HL
L
Leben außer Kontrolle Deutschland 2004, R: Bertram Verhaag & Gabriele Kröber
„In Kanada wird auf riesigen Feldern genmanipulierter Raps angebaut. Da der Wind den Samen auf fremde Felder weht, werden deren Besitzer wegen widerrechtlichem Anbau verklagt. In Indien beschert genmanipulierte Baumwolle den Bauern immer wieder katastrophale Ernten, und für viele scheint Selbstmord oder der Verkauf einer Niere der einzige Ausweg. Die Dokumentation zeigt die globalen Verflechtungen und die heute schon erschrekkenden Risiken der Gentechnologie, der sich nur eine Handvoll Wissenschaftler mit kritischer Forschung entgegen stellt.“ (Kino 46) HB
Leben BRD Deutschland 1990, R: Harun Farocki
„Ein deutscher Dokumentarfilm mit distanzierter Ironie. Das Staatsvolk BRD bei der Übung des Ernstfalles als Soldaten, Hebammen, Polizisten und Striptease-Tänzerinnen. Der verzweifelte Vesuch, alles zu planen, gerät zur Farce, die Farocki unkommentiert aufzeichnet. Keine Denunziation, sondern eine unverkrampfte undogmatische Chronik.“ (tip) HH
Lenin kam nur bis Lüdenscheid Deutschland 2008, R: André Schäfer
„Mit Hilfe von Regisseur André Schäfer bringt Autor Richard David Precht (‚Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?‘) seine gleichnamigen Kindheitserinnerungen auf die große Leinwand und spannt dabei den Bogen vom DKP-Zeltlager bis zum Mauerfall, wobei ihn der von ihm selbst gesprochene Off-Kommentar unterstützt. Zwischen privater Biografie und Weltgeschichte öffnet sich ein Spannungsfeld, in dem sich unzählige humorvolle Anekdoten tummeln, aber auch ein gewisser Wehmut umgeht. Von der Kindheit bis zur Reife entdeckt er alle Widersprüche und Absonderlichkeiten, die seinem Leben einen hohen Unterhaltungswert geben und obendrein historisch so einiges erhellen.“ (Blickpunkt:Film) HB, KI
Love Vegas USA 2008, R: Tom Vaughan, D: Cameron Diaz, Ashton Kutcher
„Eine der wohl infantilsten Hollywood-Liebeskomödien der letzten Jahre. Sie nimmt ihren Anfang in Las Vegas, Amerikas Hauptstadt des kindischen Vergnügens, wo eine beziehungsgestörte New Yorkerin auf einen Hänger trifft, der partout nicht erwachsen werden will. Es kommt, wie es kommen muss: Man feiert, besäuft sich, heiratet und wacht mit Kater sowie ungewolltem Ehering auf. Was im Rausch zusammengefügt wurde und schnellstmöglich wieder geschieden werden soll, muss im Alltag jedoch per Gerichtsbeschluss eine Bewährungsprobe bestehen, denn auf dem Spiel steht ein beträchtlicher Jackpot. Der Film von Tom Vaughan ist albern, einfallslos und am Ende mit seiner Gutmenschmoral schlicht unerträglich.“ (Neue Zürcher Zeitung) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
M
Mein Bruder ist ein Einzelkind Italien/Frankreich 2007, R: Daniele Luchetti, D:Elio Germano, Riccardo Scamarcio
„Accio ist ein Scheusal, so wird er genannt, und so sieht er sich selbst. Opposition ist bei ihm zur Lebenshaltung geworden. Wenn sein älterer Bruder Manrico zum Arbeiterführer wird, schließt er sich den Faschisten an. Aber obwohl der Bruderstreit auf der politischen Bühne ausgefochten wird, dreht sich letztlich doch alles um Francesca. Für diese dramatisch-komische Hassliebesgeschichte greift Regisseur und Autor Daniele Luchetti lustvoll zum Klischee-Tausch: Der introvertierte Intellektuelle läuft den Faschisten nach, der einfach gestrickte Frauenheld wird zum radikalen Linken. Trotz guten Darstellern und einem soliden Drehbuch dürfte es der Film außerhalb Italiens nicht leicht haben, denn er setzt eine ganze Menge an Vorwissen zur politischen Landkarte Italiens in den sechziger und siebziger Jahren voraus. Eine mit praller Italianità garnierte Geschichtslektion – für Heimweh-Italiener?“ (Neue Zürcher Zeitung) HH
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No Country for Old Men USA 2007, R: Ethan Coen, Joel Coen, D: Tommy Lee Jones, Javier Bardem
„Mit einer verblüffend werkgetreuen Cormac-McCarthy-Adaption gelingt den Gebrüdern Coen der wuchtigste Film ihrer Karriere. Vordergründig ein Thriller, in dem ein geplatzter Drogendeal die Suche eines Killers (Bösewicht der Dekade: Javier Bardem) und eines Sheriffs nach einem Cowboy und seiner Millionenbeute motiviert, ist ‚No Country for Old Men‘ in seinem schwarzen Herzen eine lakonische Studie eskalierender Gewalt in God’s Own Country, vor der nur noch die Flucht in die Erinnerung an bessere Zeiten hilft.“ (tip) HB
P
Penelope Großbritannien/USA 2006, R: Mark Palansky, D: Christina Ricci, Reese Witherspoon
„Christina Ricci kämpft als Aristokratentochter gegen einen mysteriösen Familienfluch. Die farbenfrohe und verspielte Inszenierung des modernen Märchens verrät Hingabe. Der Zuschauer träumt sich mit Penelope durch eine fantastische Welt voller Zuckerwatte und Seifenblasen und wird dabei stets auf ein samtenes Wohlfühlkissen gebettet. Die offensichtliche Kritik am Schönheitswahn kommt nicht als Moralkeule daher, sondern als kitzelnder Zeigefinger, der uns Schmunzeln lässt.“ (Cinema) BHV, H, HB, HH, HL, KI, OL
Prom Night USA 2008, R: Nelson McCormick, D: Brittany Snow, Scott Porter
„Formelhafter Teenhorrorthriller, der mit dem Slasherfilm von 1980 zwar den Titel teilt, jedoch nicht als offizielles Remake zu verstehen ist. Entsprechend dem PG-13-Rating blendet Regisseur J. S. Cardone allzu brutale Details aus. Überraschungen mag es nicht geben, Platz Eins der US-Kinocharts erreichte ‚Prom Night‘ dennoch.“ (Blickpunkt:Film) BHV, H, HB, HH, HL, KI, OL
R
Die rote Zora Deutschland 2007, R: Peter Kahane, D: Linn Reusse, Jakob Knoblauch
„Im Kroatien der 30er Jahre wirbeln eine rothaarige Göre und ihre Gang das Leben ihrer Mitmenschen gehörig durcheinander.In prächtigen Bildern geschickt zwischen Humor, Abenteuer und Drama balancierend, gefällt die längst überfällige Kinoversion des Jugendbuch-Klassikers mit Ben Becker und Mario Adorf vor allem mit seinem Idealismus und einer leidenschaftlich vorgetragenen sozialen Botschaft. Kinder, die Zora lieben, werden später wohl nicht mit Hedgefonds dealen.“ (Cinema) HB
S
Saturno contro Italien/Frankreich 2007, R: Ferzan Özpetek, D: Pierfrancesco Favino, Stefano Accorsi
„Auch für Nicht-Astrologen ist schnell klar, dass der titelgebende ‚gegenläufige Saturn‘ Pech bedeutet. Das Treffen der bunt gemischten Clique um das schwule Paar Davide und Lorenzo endet mit Lorenzos Zusammenbruch. Sein Koma konfrontiert die Freunde mit ihrer eigenen Endlichkeit und stellt das Leben jedes Einzelnen auf den Prüfstand. Ferzan Ozpetek hat sein sympathisches Ensemble so leichthändig geführt, dass man sich unweigerlich an französische Filme der 90er Jahre erinnert fühlt. Eine schön fotografierte, wunderbare Ode an die Freundschaft.“ (Cinema) HH
Schmetterling und Taucherglocke Frankreich/USA 2007, R: Julian Schnabel, D: Mathieu Amalric, Emmanuelle Seigner
„‚Le scaphandre et le papillon‘ (so der Originaltitel) klingt zwar poetisch, trifft die Sache aber nicht ganz. Denn der ‚scaphandre‘, jener altertümliche Taucheranzug mit aufgeschraubtem Helm, drängt sich dem Mann, der da nach einem schweren Schlaganfall fast vollständig gelähmt in einem Spitalbett liegt, immer wieder als Sinnbild seiner eigenen, unentrinnbar eingeschlossenen Existenz vor Augen. Dennoch gibt es auch die ‚Schmetterlinge‘, lichtere Momente des Glücks, die Jean-Dominique Bauby, Chefredaktor der französischen ‚Elle‘, für kurze Zeit die Verzweiflung vergessen lassen – die Therapeutinnen, die Familie. Wenige Tage nach dem Erscheinen seiner ‚Lebensbeichte‘, die er Buchstabe um Buchstabe mit dem Wimpernschlag seines linken Auges diktierte, ist er 1997 gestorben. Mathieu Amalric verkörpert ihn in einer bewundernswürdigen Leistung; schlechthin phänomenal ist aber, wie der New Yorker Regisseur Julian Schnabel diesen durch und durch französischen Stoff inszeniert hat, mit einer künstlerischen Ingeniosität sondergleichen, in einer Fülle ebenso phantastisch-berückender wie bewegender Bilder und Situationen, die den Betrachter in Beklemmung und Anteilnahme fesseln.“ (Neue Zürcher Zeitung)
HH
Sex and the City – The Movie USA 2008, R: Michael Patrick King, D: Sarah Jessica Parker, Kim Cattrall
„Wo sind die Dildos und Bonmots, die zynischen Sprüche, männermordenden Kommentare, politisch unkorrekten Seitenhiebe, die tabulosen, rasant-sinnlich gefilmten Sexszenen? Überhaupt: Wo ist New York? Dieser Film könnte überall spielen, die Stadt der Städte, in der Serie stets die Fünfte im Bunde, hat nur eine Nebenrolle abbekommen. Natürlich geht es auch im Film um Labels und Liebe, alles ist sogar noch eine Nummer größer als im TV, ein Festival der Nobelmarken, Traumschuhe, Traumkleider, Traumtaschen. Doch Sarah Jessica Parker, Kristin Davies, Kim Cattrall und Cynthia Nixon sind keine Singles mehr, sondern gefangen in ihren Beziehungen, ziehen nicht mehr durch die Bars und Clubs, sondern kreiseln nur noch um sich selbst. Und das ist eben selten witzig.“ (Der Tagesspiegel) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Shine A Light USA/Großbritannien2008, R: Martin Scorsese
Wenn man bedenkt, wie teuer heutzutage die Eintrittskarte für ein Konzert der Rolling Stones ist, ist es vielleicht gar nicht so schlecht, wenn Martin Scorsese mit ‚Shine a Light‘ keine große Filmkunst geschaffen hat, sondern nur einfach und solide ein Konzert der Stones abfilmte. (hip) HH, KI
Shutter – Sie sehen dich USA 2008, R: Masayuki Ochiai, D: Rachael Taylor, Joshua Jackson
„Nach einem Autounfall verfolgt eine vermeintlich überfahrene Frau ein beruflich in Tokio weilendes Ehepaar. Die zunächst nur auf den Fotos des Modefotografen erscheinenden Schlieren und Schemen materialisieren sich bald in handfesten Geistererscheinungen, die der Frau des Fotografen Botschaften aus der dunklen Vergangenheit ihres Mannes vermitteln. Routiniert inszeniertes Remake eines thailändischen Gruselfilms, dem es nicht gelingt, die wahrhaft bedrohlichen Aspekte des Sujets auch nur in Ansätzen zu verdeutlichen.“ (filmdienst) HB
Sommer Deutschland 2008, R: Mike Marzuk, D: Jimi Blue Ochsenknecht, Jannis Niewöhner
„Tim ist der neu zugezogene Außenseiter auf einer kleinen Nordseeinsel. Ein beengtes Umfeld, in dem sich Tim mit der schnöseligen Surfer-Gang anlegt und sich in die Freundin von deren Anführer verliebt. Weitgehend überraschungsarme Teenie-Liebesgeschichte als Vehikel für den Nachwuchsschauspieler Ochsenknecht (“Die Wilden Kerle“).“ (tip) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Standard Operating Procedure USA 2007, R: Errol Morris
„‚Standard Operating Procedure‘ rekonstruiert mit ungeheurer Präzision den Folterskandal im Gefängnis von Abu Ghraib. Die Fotos von lachenden US-Militärpolizisten, die nackte irakische Gefangene systematisch erniedrigen, gelten als das Symbol schlechthin für den moralischen Bankrott der USA. Oscar-Preisträger Errol Morris (‚The Fog of War‘) gelang jetzt das Kunststück, einige der Täter vor laufender Kamera zu befragen, darunter die berüchtigte Militärpolizistin Lynndie England. Verstärkt wird die verstörende Wirkung seiner Dokumentation noch dadurch, dass Morris zwischen die Interviewsequenzen nachgestellte Szenen schneidet, inszeniert mit mehr Aufwand als bei manch einem Hollywood-Film. Musste das sein? Braucht man wirklich allein 33 Schauspieler, mehrere Stylisten und einen ‚Action-Berater‘, um weltberühmte gruselige Schnappschüsse ästhetisch konsumierbar zu machen?“ (Der Spiegel) H, HH
Street Kings USA 2008, R: David Ayer, D: Keanu Reeves, Forest Whitaker
„Bestechliche Polizisten, Mädchenhändler, Dealer und Killer in Los Angeles: Im knallharten Cop-Thriller Street Kings regieren Teufel die Stadt der Engel. Regisseur David Ayer inszenierte eine düstere Kurzgeschichte von ‚L.A. Confidential‘-Autor James Ellroy. Keine Frage, mit seinen reißerischen Ballerszenen bedient ‚Street Kings‘ in erster Linie das Actionpublikum. Gleichzeitig aber ist der Film ein sozialkritisches Drama über Rassismus, Gewalt und Gegengewalt in einem verrohten Umfeld, in dem allein das Gesetz des Stärkeren regiert. Das ist kein angenehmer Blick auf die USA der Gegenwart, aber durchaus ein realistischer.“ (Cinema) H, HB
T
Tanz mit der Zeit Deutschland 2007, R: Trevor Peters
„Vier ehemalige Tänzerinnen und Tänzer der Leipziger Oper, 64 bis 80 Jahre alt, kehren noch einmal auf die Bühne zurück. Der Dokumentarist Trevor Peters begleitet das Projekt der Choreografin Heike Hennig und lässt durch dazwischengeschnittene Interviews mit den Protagonisten sowie mit Archivaufnahmen vier außergewöhnliche Lebensgeschichten Revue passieren. Formal eher konventionell, berührt der Film doch durch seine lebensfrohe Reflexion über das Alter.“ (filmdienst) HH
Tapas Spanien 2005, R: José Corbacho & Juan Cruz, D: Ángel de Andrés, María Galiana / Originalfassung mit Untertiteln
„Corbacho und Cruz erzählen Alltagsgeschichten aus Barcelona. Ihre ebenso humor- wie liebevollen Beschreibungen des Lebens im Barrio, der Vorstadt, verraten die gute Milieukenntnis der beiden Regisseure. Da sind zum Beispiel César und Opo, beide Anfang 20, die Regale im Supermarkt auffüllen, aber in den Gedanken bereits im Urlaub sind. Oder der Wirt Lolo, der von seiner Frau einfach mit dem Abwasch sitzen gelassen wird, und einen chinesischen Koch einstellt. Der nennt sich Mao und kann nicht nur phantastische Gerichte zaubern, sondern hat auch viel von Bruce Lee gelernt hat.“ (filmkunstmesse) HH
Things We Lost in the Fire USA 2007, R: Susanne Bier, D: Benicio Del Toro, Halle Berry
„Als ihr Mann erschossen wird, nimmt eine junge Witwe mit zwei kleinen Kindern dessen drogensüchtigen Freund bei sich auf, um eine Art Verbindung zu dem Toten zu halten. Für den Abhängigen bedeutet dies eine Wendung zum Guten, doch je mehr er den Platz der Vaterfigur für die Kinder einnimmt, umso weniger hält die Frau die Nähe aus. Ein von zwei fabelhaften Hauptdarstellern getragener Film, die ihren Charakteren Stärke und Glaubwürdigkeit verleihen und das feinfühlige Drama geschickt im Spannungsfeld zwischen Trauer und Angst vor der nächsten Zukunft in der Schwebe halten.“ (filmdienst) H, HB, HH, HL, KI, OL
Tödliche Entscheidung – Before the Devil Knows You‘re Dead USA 2007, R: Sidney Lumet, D: Philip Seymour Hoffman, Ethan Hawke
„Oberflächlich betrachtet meint es das Schicksal gut mit dem höchst erfolgreichen Buchhalter Andy (Philip Seymour Hoffman), der mit seiner schönen Frau (Marisa Tomei) im luxuriösen Manhattan residiert. Wäre da nicht seine Spiel- und Heroinsucht und sein hoch verschuldeter Bruder Hank (Ethan Hawke), der zudem eine Affäre mit Andys Frau unterhält. Als eine Steuerprüfung ansteht, überredet Andy Hank das Juweliergeschäft ihrer Eltern auszurauben. Mit tragischen Folgen. Ein grandios düsterer Neo-noir-Thriller ist der Regiegröße Sidney Lumet und seinen Stars gelungen -- ein spannendes Wanken am Rande des Abgrunds.“ (Rheinischer Merkur) HH
U
Die Unbekannte Italien 2006, R: Giuseppe Tornatore, D: Michele Placido, Kseniya Rappoport
„‚Ich dachte, ich hätte mit meiner Vergangenheit abgeschlossen, aber meine Vergangenheit hat nicht mit mir abgeschlossen‘ – damit hat Irina, die Hauptfigur in diesem Thriller von Altmeister Giuseppe Tornatore, mehr recht, als sie zu Anfang weiß. Die schöne Ukrainerin, die sich in einer italienischen Stadt um eine Stelle als Putzfrau bemüht, wird an die Grausamkeiten erinnert, die ihr als Prostituierte zugefügt wurden. Was für Ziele Irina nun verfolgt, erschließt sich in dem an Hitchcocks erinnernden Film erst allmählich, wenn nach und nach klar wird, warum Irina ein rücksichtsloses Interesse daran hat, für die Familie im Haus gegenüber als Haushaltshilfe zu arbeiten.“ (Rheinischer Merkur) HH, KI
Unsere Erde – Der Film Großbritannien/Deutschland 2007, R: Alastair Fothergill, Mark Linfield
„‚Unsere Erde‘ ist die wohl aufwendigste Naturdokumentation aller Zeiten, eine epische Expedition zu den letzten Paradiesen des Planeten. BBC-Regisseur Alastair Fothergill (‚Deep Blue‘) zeigt kleine und große Eisbären, Löwen auf Elefantenjagd, Paradiesvögel im Liebesrausch, wasserscheue Paviane und todesmutige Entenküken beim Jungfernflug – aber keine Menschen. Nur die Stimme von Ulrich Tukur gibt dem Zuschauer ein paar Fakten an die Hand, aber in der Regel sprechen die spektakulären Bilder für sich: Zoologie als wahres Kinowunder.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, HL, KI, OL
Urmel voll in Fahrt Deutschland 2007/08, R: Reinhard Klooss, Holger Tappe
„Zu seinem Geburtstag bekommt der Dino Urmel ein Panda-Mädchen als ‚Schwesterchen‘ geschenkt, mit dem er sich zunächst gar nicht versteht. Doch dann verschlägt es die beiden auf eine Insel, wo sie es mit den verschlagenen Betreibern eines Vergnügungsparks zu tun bekommen. Als ihr Verschwinden bemerkt wird, setzen ihre Freunde einen Suchtruppe in Bewegung. Temporeiche, kindgerechte Zeichentrick-Geschichte, die in anrührenden Szenen vom Wert wahrer Freundschaft erzählt und sich gleichzeitig bemüht, die Hauptfigur des Kinderbuchautors Max Kruse einem Modernisierungsprozess zu unterziehen.“ (filmdienst) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
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Verliebt in die Braut USA 2008, R: Paul Weiland, D: Patrick Dempsey, Michelle Monaghan
„Der erfolgreiche Frauenschwarm Tom verliebt sich just in jenem Moment ernsthaft in seine beste Freundin Hannah, als jene im Begriff steht, sich anderweitig zu verheiraten. Vor dem unweigerlich eintretenden Happy-End muss Tom als ‚Brautjungfer‘ nun erst einmal seine Machoallüren ablegen und seine einfühlsame ‚weibliche Seite‘ entdecken. Regisseur Paul Weiland hat diese Story einer Läuterung als romantische Komödie mit gelegentlichen Slapstikkeinlagen inszeniert, die in ihrer geballt freundlichen Harmlosigkeit wohl niemandem weh tun wird.“ (tip) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
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Die Welle Deutschland 2008, R: Dennis Gansel, D: Jürgen Vogel, Frederick Lau
„Rainer Wenger ist Lehrer an einem deutschen Gymnasium. Er soll in einer Projektwoche das Thema Autokratie durchnehmen. Die Klasse bezweifelt, dass eine Diktatur wie in Nazideutschland heute noch möglich wäre. Der Lehrer beginnt spontan ein Experiment. Die Schüler müssen ihn fortan mit Herr Wenger ansprechen, bei jeder Wortmeldung aufstehen, gerade sitzen. Die Klasse macht mit und nimmt die Regeln der nächsten Tage mit wachsender Begeisterung auf: eine Uniform, ein Logo, ein gemeinsamer Gruß. Dennis Gansel verfilmt zum ersten Mal für das Kino ein schulisches Experiment, das der Geschichtslehrer Ron Jones 1967 an einer kalifornischen Highschool durchführte.“ (cinefacts) BHV, H, HB, HH, HL, KI, OL