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Archiv-Artikel

Kurzkritik: Lou Reed im CCH Zwölf Engel, sitzend

Der Weg hinab in die Seelentiefe von Lou Reed führt über eine Rolltreppe aufwärts. Säulen aus Chrom stehen auf einem schweren, dunklen Teppich, die Security-Leute tragen Anzug über durchschnittlich dicken Oberarmen und auch am Publikum lässt sich nicht abschätzen, was hier passiert. Der Rockmusiker Lou Reed, 66, gibt eines von zwei Deutschland-Konzerten, das schon. Aber warum im Kongresszentrum? Rauschhafte Musik in einer gezielt nüchternen Atmosphäre? Geht das?

Irgendwie schon. Denn Reed scheint die Hörsaal-Sitzreihen nicht wahr zu nehmen, er ist mit seiner Musik beschäftigt. Sieben Musiker vorne auf der Bühne, links ein Chor aus zwölf Mädchen in wallenden Gewändern, rechts drei Streicher und vier Bläser. Macht 26 Musiker, die vor einer Leinwand mit asiatischen Motiven Musik machen. Verrätselte Videoeinspielungen mit blonden Frauen gibt es auch. Und einen Lou Reed, der sein Konzeptalbum „Berlin“ aus dem Jahr 1973 auf die Bühne bringt, ohne dabei etwas anderes vermitteln zu wollen als seine Musik. Tapsig, mitunter auch mit dem Rücken zum Publikum.

Dabei geht es den Menschen im CCH nicht nur um Musik, sondern auch um Kommunikation. Ein einziges Mal zeigt Reed dem Publikum seine Anteilnahme – mit einer kleinen Handbewegung. Prompt gibt es Szenenapplaus. Und keine Sitzordnung mehr bei der Zugabe: einem magischen „Satellite of Love“, mit einem Chor aus zwölf Engeln, stehend. KLAUS IRLER