: Jetzt aber wirklich: ÄNTSCHPANNUNK!
Vorschlag für eine neue Sportart bei Olümbija: Wettentspannen. Von PETER LICHT
Gebrauchsanweisung für den folgenden Text: bitte flau murmelnd vor sich hin lesen; mit schlaffen Backen und schlabbernden Lefzen, langsam. Nicht anstrengen!
Eeeessss (ganz weiches „s“) bedaaaavvv (bedarf) einaaa noooiiinnhh Schbortaaad. Es bedarf einer neuen Sportart. Es möge das Wettentspannen sein: Wer am schnellsten am tiefsten entspannt ist, hat gewonnen.
Man benötigt dafür ein relaxtes Stadion, das auch noch nicht ganz fertig geworden sein muss. Sagen wir mal, die Stühle sind noch nicht alle drangeschraubt oder stehen draußen noch rum. Von den BAUARBEITEN fürs olle Stadion (oh je, Stress!) liegt noch Zeug rum: ist okay. Wer von den Zuschauern will, der kann beim Zuschauen noch etwas bauen, wie er grad Lust hat. Alles ist irgendwie unpräzise. Die Infrastruktur ist unpräzise, sie tuckert so vor sich hin, die Leute sind unpräzise. Gähn. Die Farben sind fahl.
So, also das wäre die Wettkampfstätte.
Dann die Athleten. Manche kommen zu spät: is’ okay. Manche kommen aber auch pünktlich, es geht ja immerhin um eine olympische Medaille. („ooohhhhhhlüüüümbischhhhhhhhhhe mdalllllje“): auch okay.
Der Wettkampf sollte dann irgendwann beginnen. Die Wettkampfrichter könnten mal, wenn sie Lust hätten, so ganz unpräzise (wenn sie Lust haben aber auch ganz penibel, ist egal) sich überlegen, wie sie mit der Entspannung so umgehen wollen. Ich würde vorschlagen (muss aber nich’ sein): EEG-Gummipfröpfchen am Kopf anschließen. (Hirnströme messen – wie entspannt ist der Athlet?). EKG an die Brust anschließen (Herzfrequenzen messen). Vielleicht findet alles auch im Kernspintomographen statt. (Dann wäre das Spielfeld voll mit Tomographen, in denen die Athleten lägen, auch okay, muss aber nicht sein).
Also, auf irgendein Signal hin geht’s dann los. Alle Athleten beginnen sich zu entspannen. Das Signal sollte jetzt aber nicht nerven. Es könnte auch schon ein etwas unpräzises Signal sein. Ja, und dann geht’s los. ENTSPANNUNG. (Mit vollster Lautstärke geschrien, mit geschlossenem Mund): ÄÄÄNTTTTSPPPPHHANNNUNK! Jetzt aber … endschbannongh … ääääännnnnnndschhhhhhhhbbbbannnnnghhhhh … aahhhhhh.
Die 90.000 Zuschauer gucken so rum. Die Wettkampfrichter sind auch am Gucken und messen oder so. Schauen eben, dass sie es gemessen kriegen. So. Die Athleten sind dann am Entspannen. Manche so voll stressmäßig, manche aber auch so ganz entspannt am Entspannen. Okay. So, die 90.000 sind dann so da auf ihren Sitzen (wenn sie welche haben). Manche sind auch schon wieder gegangen, die hatten was Besseres zu tun.
Irgendwie gibt es dann eine Siegerehrung. Die Athleten, die im Kernspintomographen steckten, können den Kernspintomographen anlassen und auf die Siegertreppe schleppen. Die anderen haben noch die Gumminöppchen vom EEG am Kopf kleben. Die Käbelchen von den Messinstrumenten hängen noch so rum (das wird eine ganz neue Heldenästhetik geben mit den rumhängenden Käbelchen, das taucht dann in der Mode wieder auf, zuerst im Sportswear, dann in der Rentnermode). Wer gewonnen hat, ist erstmal nicht so ganz klar.
Die 90.000 Zuschauer im Stadionrund kriegen es teilweise mit. Die Journomeute ist schon auch dabei, aber es ist irgendwie alles so unpräzise. Diverse Übertragungskabel sind nicht eingestöpselt worden. Und man sieht dann vielleicht, was passiert ist und wer die Goldmedaille bekommen hat. Das weiß man dann. Aber manche wissen es auch nicht und manche fragen sich, warum jetzt hochkant gestellte Kernspintomographen, wo Füße unten rausgucken, bei Olümpija „aufm Treppchen stehen“. Ist aber auch egal.
PeterLicht, geboren im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts, ist Musiker, Autor und Leistungssportler (Disziplin: Schallplatte). Am 5. September wird sein neues Album „Melancholie und Gesellschaft“ veröffentlicht