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Archiv-Artikel

Schlechtes Umfeld für Börsengang der Bahn

Die Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten beeinträchtigen auch die Erlöserwartungen beim geplanten Teilverkauf der Deutschen Bahn AG. Der Verkehrsverband VCD fordert den Bund auf, notfalls auf die Bremse zu treten

BERLIN taz ■ Angesichts der aktuellen Börsenturbulenzen wachsen unter Verkehrsexperten die Zweifel an einem Börsengang der Bahn noch in diesem Herbst. Das Umfeld dafür sei derzeit schlecht, die Fixierung auf ein konkretes rasches Datum könnten potenzielle Investoren für Abschläge ausnutzen, prognostiziert Michael Holzhey, Bahnexperte der Berliner Unternehmensberatungsgesellschaft KCW. Der alternative Verkehrsclub Deutschland (VCD) geht einen Schritt weiter. Wenn der Erlös jetzt zu niedrig zu werden drohe, müsse der Bund nach einer intensiven Beratung mit Börsenexperten „auf die Bremse treten“, so VCD-Sprecher Daniel Kluge. Dann komme eine Verschiebung des Börsengangs in Frage.

Nach Ansicht Holzheys können Bahn und Bund ohnehin nur mit 3,5 bis 4 Milliarden Euro durch den geplanten Teilverkauf der Verkehrs- und Logistiksparte der Bahn rechnen. Nicht gerade verkaufsförderlich hätten sich auch die Querelen um den Bedienzuschlag ausgewirkt, so Holzhey. Sie hätten möglichen Investoren gezeigt, wie hoch der Staatseinfluss auf das Unternehmen sei. Zudem sei die Rücknahme auch betriebswirtschaftlich kritisch: Der Bedienzuschlag hätte zu mehr Erlösen im schwächelnden Fernverkehr geführt. Zusammen mit der Preiserhöhung von 3,9 Prozent wären die Tickets im Schnitt um insgesamt 6,5 Prozent teurer geführt. Das Geld fehle jetzt.

„Die Bahn-Aktie wird nur verkäuflich, wenn sie zu einem Schleuderpreis angeboten wird“, kritisiert der FDP-Verkehrsexperte Horst Friedrich. Statt der 8 Milliarden Euro, von denen die Regierung träume, kämen nur 4 Milliarden herein. Davon solle ein Drittel in das Schienennetz gesteckt werden – nicht einmal die Hälfte von dem, was der Bund jedes Jahr investiere.

Wie die zugesagten jährlichen 2,5 Milliarden verbaut werden – darüber wird derzeit zwischen Bahn und Bund gerungen. Im Entwurf der Vereinbarung werde nicht ordentlich beschrieben, was mit dem Geld gemacht werde, kritisiert der Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Schienenpersonenennahverkehr, Arnd Schäfer. „Das führt dazu, dass die Bahn dort das Netz gut unterhält, wo es sich lohnt.“ Andere Regionen würden abgehängt, da nur ein durchschnittlicher Wert für die Netzqualität vorschrieben werde. „Die 20 Langsamfahrstrecken zwischen Dresden und Berlin lassen sich dann mit gut ausgebauten Rennstrecken wie Berlin–Hannover verrechnen.“ RICHARD ROTHER