: 180 Millionen Euro sind zu wenig
Bei 15 Milliarden Euro Schulden helfen 180 Millionen jährlicher Zinshilfen nicht wirklich – das Land Bremen könnte damit nicht die „Schuldenbremse“ akzeptieren. Hinter den Kulissen wird gepokert
Von KLAUS WOLSCHNER
Der Poker geht weiter. Vor vier Wochen hatte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sein Konzept vorgelegt, mit dem die „Schuldenbremse“ für die öffentlichen Haushalte mehrheitsfähig werden soll. Während die überschuldeten Bundesländer, die ohne „Zinsbeihilfe“ nicht auf Neuverschuldung verzichten können, die angebotenen Summen als zu niedrig abgelehnt haben, schweigen andere Bundesländer, die als „Zahler“ in Anspruch genommen werden müssten. Mit Zahlungen von jeweils 180 Millionen Euro über fünf Jahre soll Bremen seinen Haushalt in Ordnung bringen – „unrealistisch“ und „nicht akzeptabel“ hat Bremens Finanzsenatorin Karoline Linnert diese Zahlenspiele genannt.
Der Finanzexperte und Grünen-Vorsitzende Andre Heinemann hat in einem von der „Forschungsstelle Finanzpolitik“ der Universität Bremen verbreiteten Beitrag ausgerechnet, wie stark Bremen durch die Zinszahlungen mehr belastet ist als andere Bundesländer. Fazit: Wenn man unterstellt, dass 125 Prozent des durchschnittlichen Zins-Aufwandes zumutbar wären, dann läge Bremen um 245 Millionen Euro pro Jahr darüber.
Im vergangenen Jahr lag die Neuverschuldung über 700 Millionen Euro, nach der mittelfristigen Finanzplanung soll sie im Jahre 2011 nur noch 465 Millionen Euro betragen – immerhin. Wer Bremen zwingen will, auf Neuverschuldung ganz zu verzichten, der müsse über eine Zinsbeihilfe diskutieren, die mindestens das Doppelte der derzeit in Berlin diskutierten 180 Millionen betrage, sagt Heinemann. Und das nicht nur über fünf Jahre. Entscheidend ist dabei mittelfristig, ob die Steuereinnahmen sich so günstig entwickeln wie noch vor wenigen Monaten angenommen.
400 Millionen Euro wären in dem vom Bundesfinanzministerium vorgeschlagenen „Topf“ von insgesamt 735 Millionen für Bremen drin, wenn Berlin und Sachsen-Anhalt nichts aus diesem Topf bekämen – beide Bundesländer sind in dem Vorschlag der Vorsitzenden der Föderalismuskommission, Peter Struck und Günther Oettinger, auch nicht als Empfänger vorgesehen. Nach dem Konzept des Finanzministeriums bekämen sie mehr als die Hälfte des Topfes – Berlin 294 Millionen, Sachsen-Anhalt 139 Millionen. Dies stößt bei denen, die die Zeche zahlen sollen, auf Kritik. Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel müsste selbst für den Vorschlag des Finanzministeriums insgesamt 7,5 Millionen Euro in den Konsolidierungsfonds einzahlen, was die Kieler Finanzministerin Sigrid Keler (SPD) strikt ablehnt.
Struck und Oettinger hatten an 1,2 Millionen Euro gedacht und wollten die Hilfen auf die drei Länder Bremen, Saarland und Schleswig-Holstein begrenzen. Wenn es mehr Empfänger-Länder geben soll, dann müsste der Topf größer sein – und das würde die Abneigung derer stärken, die die Zeche zahlen müssen. Die süddeutschen Bundesländer schweigen derzeit zu der Diskussion – das Stillhalteabkommen ist verabredet bis zum Abend der Landtagswahlen in Bayern am kommenden Sonntag. Allerdings muss noch in diesem Jahr eine Lösung gefunden werden, sonst gerät der Streit in die Vorwehen des Bundestagswahlkampfes. Insbesondere die süddeutschen Länder würden bei einem Scheitern der Bemühungen der Föderalismuskomission viel Geld sparen.