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Archiv-Artikel

Auf dem Germanengrill

„Der Spiegel“ enthüllt: Zweiter Weltkrieg war „total gemein und voll fies“

Ilona W. wird aus dem Haus gejagt und die Hamburger Brandstwiete entlanggetrieben

Die ehemalige Mitarbeiterin des Spiegel zittert. Ihr Blick schweift ab, ihre Augen meiden den Gesprächspartner, dann sackt sie wieder in sich zusammen. Zu frisch noch ist die Erinnerung an die Redaktionskonferenz im vergangenen Dezember: „Zunächst verlief alles ganz normal. Dann begann ein Kollege, das Titelthema über den Bombenkrieg gegen die Deutschen im Zweiten Weltkrieg zu referieren …“ Weiter kommt die zierliche Journalistin nicht. Von Tränen erstickt, versagt ihre Stimme. Verzweifelt deutet sie auf das Gedächtnisprotokoll, das sie anfertigte, bevor sie sich in psychiatrische Behandlung begab.

Ilona W. ist heute arbeitsunfähig. Gemeinsam mit den anwesenden Kollegen musste sie schon Wochen vor Veröffentlichung der Spiegel-Serie „Als Feuer vom Himmel fiel“ Höllenqualen durchleben. Von „Luftmassakern“ war in der Redaktionskonferenz die Rede, von der „Einäscherung Hamburgs“, der „Pulverisierung Dresdens“ und anderer „Massentötungen“ durch „alliierte Terroristen“: „Säuglinge, die im siedenden Löschwasser bei lebendigem Leibe gesotten werden; Kinder, die ihre zu Asche verbrannten Eltern im Eimer zum Friedhof tragen … Terrorangriffe … mörderische Verheerungen … Menschen fressende Feuerstürme … unsägliche Qualen … angefacht von Höllenkräften“. Kein Auszug aus den Tagebüchern des Dr. Joseph Goebbels wurde da verlesen, sondern die Schriften eines Spiegel-Autors, erschienen am 6. Januar diesen Jahres.

Als der Verantwortliche damals seine Ausführungen beendet hatte, herrschte betroffenes Schweigen. Einige Kollegen rannten aus dem Raum, übergaben sich auf dem Weg zur Tür. Andere wurden von Heulkrämpfen geschüttelt. Hysterie griff um sich. Ein Ressortleiter konstatierte mit tränenerstickter Stimme: „Dieser Krieg war ja voll fies und gemein, das werden uns die Alliierten büßen.“ Über die „terroristische“ Kriegsführung der Briten schüttelte auch Chefredakteur Stefan Aust den Kopf: „Es weiß doch jedes Kind, dass der Zweite Weltkrieg ohnehin am 8. Mai 1945 zu Ende war, das hätten die Alliierten auch wissen müssen. Statt deutsche Städte zu bombardieren, hätten sie nur die Kapitulation Deutschlands abwarten brauchen.“

In diesem Moment der Konferenz äußerte Ilona W. erste Zweifel. Während andere Redakteure auf die Gänge stürmten, um mit Isolierband, einer Kuckucksuhr und Grillanzünder einen germanischen Opferaltar zu improvisieren, fragte sie, wie „Kinder, die ihre zu Asche verbrannten Eltern im Eimer zum Friedhof tragen“, denn überhaupt wissen konnten, dass es sich um die Asche ihrer Eltern handelte und nicht etwa „um die Asche der Polstergarnitur“. Dass Deutsche als gedemütigte Opfer eines ihnen aufgezwungen Krieges dargestellt werden, in dem die Alliierten lediglich als Terroristen und Massenmörder vorkommen, bezeichnete sie als bedenklich, ja revisionistisch. Was dann folgte, kann sie bis heute nicht fassen: Unter kollegialem Beifall ohrfeigte man die Querulantin. Ilona W. wird wenig später zu Protokoll geben, man hätte sie regelrecht aus dem Haus gejagt und die Hamburger Brandstwiete entlanggetrieben. Dass ihr nicht die Haare geschoren wurden, verdanke sie einem portugiesischen Weinhändler, der ihr Schutz bot.

Von einem ehemaligen Kollegen hat Ilona W. erfahren, dass der Spiegel eine neue Serie plant: „Franzosen, Briten, Polen – so haben sie Hitler zum Krieg gereizt“. So will man den im September anstehenden Jahrestag des Kriegsbeginns begleiten. Zum Vorfall der inzwischen gekündigten Mitarbeiterin möchte man sich in Hamburg indes nicht äußern. „Die Dame“, so ein Pressesprecher, „ist uns unbekannt.“ ANDRÉ PARIS