Der Tatort bleibt im Abseits

Die Ausstellung „Tatort Stadion“ thematisiert Rassismus und Nationalismus in der Fußball-Szene. Im Weserstadion durfte sie nicht gezeigt werden, weil der SV Werder vor dem DFB kuscht

Der DFB „bat“ alle Bundesligisten, die Schau nicht zu unterstützen.

Die Ausstellung „Tatort Stadion“ wird im April nach Bremen kommen. Die Wanderausstellung, die vom „Bündnis Aktiver Fußballfans“ getragen wird, tourt seit über einem Jahr durch die Republik. Sie thematisiert rassistische und nationalistische Tendenzen in Fußballstadien ebenso wie Initiativen dagegen. Bundesweite Aufmerksamkeit erregten allerdings zwei Schautafeln, die rechtes Gedankengut unter den Fans in Zusammenhang mit den Offiziellen des Deutschen Fußballbundes (DFB) stellen. Auf der einen wird dargestellt, wie eine DFB-Delegation 1978 bei der Weltmeisterschaft dem Grab eines deutschen Altnazis ihre Referenz erwies. Auf der anderen sind Äußerungen des DFB-Präsidenten und ehemaligen Baden-Württembergischen Ministerpräsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder (CDU) dokumentiert: „Was wird aus der Bundesliga, wenn die Blonden über die Alpen ziehen und statt dessen die Polen, diese Lesniaks und Furtoks, spielen?“ hatte CDU-Stammtischfürst „M-V“ einst gefragt und festgestellt: „Wenn beim Spiel Bayern gegen Cottbus nur zwei Germanen in der Anfangsformation stehen, kann irgend etwas nicht stimmen.“

Damit war der Skandal perfekt. Sofort nach Eröffnung verlangte der DFB die Entfernung der beiden Tafeln. Als das nicht passierte zog der Verband die zugesagte Förderung für die Ausstellung in Höhe von 5.000 Euro zurück, auch die von Mayer-Vorfelders Vorgänger Egidius Braun gegründete David-Nivel Stiftung und der Hamburger Sportverein (HSV) wollten nicht mehr mitmachen. Und als Vermittlungsversuche scheiterten, trat auch der Gewaltforscher Gunter A. Pilz als Schirmherr zurück.

Der zum großen Teil von der EU-Kommission finanzierten Ausstellung hat das wenig geschadet: Immerhin blieben mit Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) und dem Hertha-Profi Michael Preetz zwei prominente Schirmherrn an Bord, mit dem Tübinger Literaturwissenschaftler Walter Jens sogar kam ein weiterer hinzu.

Nur mit dem Ziel, direkt an die Fußballfans heranzutreten, wurde es etwas schwerer. Der DFB „bat“ nämlich alle Bundesligisten, die Schau nicht zu unterstützen. Mit durchschlagendem Erfolg: Nur der notorisch aufmüpfige FC St.Pauli setzte sich über den Wunsch des mächtigen Verbandes hinweg, gewann sogar den eigenen Hauptsponsor Securvita für ein Co-Sponsoring. In den anderen Bundesliga-Städten wird die Ausstellung meist in städtischen Kulturzentren gezeigt. Dort halten Bürgermeister und andere Honoratioren die Eröffnungsreden. In München zum Beispiel war der ehemalige Werder-Torwart und heutige SPD-Pressesprecher Jürgen Rollmann unter den Premierengästen.

In seiner alten Heimat Bremen war der direkte Weg zu den Fans indes ebenfalls versperrt: Eigentlich wollte das Bremer Fanprojekt „Tatort Stadion“ im Ostkurvensaal zeigen. Aber der SV Werder untersagte das, obwohl das Fanprojekt – bislang mit Unterstützung des Vereins – selbst seit langem versucht, unter den Werder-Fans eine Debatte über Rassismus und Nationalismus in Gang zu bringen.

Nun wird die Ausstellung von Ende April bis Mitte Mai im DGB-Haus am Bahnhof zu sehen sein. Als lokaler Mitveranstalter tritt die DGB-Jugend auf. Die Organisatoren planen ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Lesungen, Diskussionen und natürlich auch einem kleinen Spielchen. Noch nicht sicher ist, ob sich auch derWerder-Vorstand an einer Debatte beteiligt.

Wie an den bisherigen 13 Veranstaltungsorten soll die Schau auch in Bremen mit lokalem Material ergänzt werden. Die Macher suchen noch Fotos, Aufkleber und Flugblätter zum Thema aus Bremen. Jan Kahlcke

Material bitte an die DGB-Jugend, Bahnhofsplatz 22-28, 28195 Bremen, Kontakt: wilko@aktive-fans.de