Wirtschaftsforum bilanziert Risse

Zunehmend transatlantische Differenzen auch unter Managern konstatiert. Gegenforum und Polizeiaktionen

DAVOS taz/dpa ■ Das alljährliche Treffen der Wirtschaftsführer mit Politikern im schweizerischen Davos ging gestern mit einer gemischten Bilanz zu Ende. Der Gründer des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, sprach von einer offenen und kritischen Auseinandersetzung unter dem Motto „Vertrauen schaffen“, vor allem im Zusammenhang mit einem drohenden Irakkrieg. In Schwabs Kreisen heißt eine solche Formulierung, man hatte erstaunlich große Meinungsverschiedenheiten.

Dabei hatten US-Politiker und -Konzernchefs mit ihren Kollegen aus dem Rest der Welt nicht nur Differenzen über den kommenden Golfkrieg. Umstritten war auch, welchen sittlichen Regeln sich Vorstände nach all den US-Bilanzskandalen unterwerfen sollten und ob die USA nun nicht der ganzen Welt ihre Bilanzregeln aufzwingen wollen.

Klaus Schwab macht sich auch Sorgen um die Bedeutung seines Forums. Er bedauerte, dass in diesem Jahr viele wichtige europäische Vertreter aus Politik und Wirtschaft der Veranstaltung fern geblieben waren. Aus Deutschland etwa war nicht ein Minister beim Treffen der über 2.000 Führungskräfte.

Was allerdings Anklang fand wie immer, waren die kleinen Empfänge und Hintergrundgespräche zwischen den Managern. In diesem Networking („Sind Sie eigentlich noch an Ihrer XY-Sparte interessiert?“) liegt auch der wesentliche Sinn solcher Treffen.

Auch die Gegenveranstaltung „Puplic Eye on Davos“ ging gestern in der Schweiz zu Ende. Obwohl für kontroverse Debatten eingeladen, blieben die Firmenchefs von Nike und BP der Auseinandersetzung über Probleme, die ihre Konzerne in der Welt verursachen, fern.

Am „Public Eye on Davos“ wurde auch ein konkreter Vorschlag für international verbindliche Regeln für die Aktivitäten multinationaler Konzerne präsentiert. „Die Erfahrungen seit dem Rio-Erdgipfel von 1992 zeigen eines überdeutlich: freiwillige Selbstverpflichtungen der Unternehmen sind bei weitem nicht ausreichend. Die Regierungen müssen nun endlich verpflichtende Regeln auf nationaler und internationaler Ebene erlassen, zum Schutze von Umwelt und Menschenrechten“, so Miriam Behrens von Pro Natura (www.evb.ch).

Noch immer sind die am vergangenen Samstag von der Polizei weitgehend verhinderten Proteste gegen das Welt Economic Forum (WEF) das Thema Nr. 1 in den Schweizer Medien. Mit heftigen Angriffen gegen das Oltner Bündnis, das die Proteste organisierte, versuchte sich die Führung der Schweizer Sozialdemokraten (SP) in den letzten Tagen zu profilieren. Mit der Weigerung, die Personenkontrollen in Fideris zu akzeptieren, habe das Bündnis selber eine Großdemonstration verhindert, lautet die Kritik.

Andere Parlamentarier, Gewerkschafter und eine juristische Beobachterdelegation wiesen die Vorwürfe zurück. Die Polizei vor Ort habe Verabredungen nicht eingehalten und durch Anrufe bei Busunternehmen verhindert, dass die Gewerkschaft in der Schweiz Busse für den Transport nach Davos mieten konnte. Auch die schließlich in Deutschland gemieteten Fahrzeuge wurden mehrere Stunden an der Grenze festgehalten. Dieses Problem hatten die deutschen Wasserwerfer und Polizeieinheiten allerdings nicht, die erstmals in der Schweiz im Einsatz waren (www.oltnerbuendnis.ch/nu/index.php).

REM/NOWAK