: „Finanzsenator Sarrazin soll den Schlussstrich ziehen“
Ulrich Klopsch, Mitglied im Tempodrom-Stiftungsrat, plädiert für den Verkauf des Kulturzelts an einen privaten Käufer. Befürchtungen, das Neue Tempodrom wäre dann nicht mehr dasselbe, teilt er nicht. Nur ein Investor garantiere die Entschuldung und eine Zukunft für die jetzigen Betreiber
taz: Herr Klopsch, am Dienstag hat der Senat beschlossen, das Tempodrom zu verkaufen. Halten Sie das für die richtige Entscheidung?
Ulrich Klopsch: Vor dem Hintergrund der Alternativen – entweder die sofortige Insolvenz oder die geordnete Verwertung – halte ich den Verkauf für richtig. Alle anderen Möglichkeiten führen zum Schaden der Betroffenen, aber auch des Landes.
Bedeutet eine Veräußerung an einen privaten Investor nicht auch das Ende der Stiftung Neues Tempodrom und damit den Kontrollverlust über den Standort?
Die jetzigen Mitglieder des Stiftungsrats hängen nicht an der Form der Stiftung. Sie haben die Ämter im Oktober 2001 übernommen, als der Bau noch nicht fertig gestellt war. Die Stiftung ist ohnehin nur Eigentümerin des Grundstücks, die Pächter betreiben das Haus. Ein Wechsel zu einem neuen Eigentümer würde an dem Konzept nichts ändern.
Trotzdem: Gibt es Handlungsspielraum der Stiftung, den geplanten Verauf abzuwenden oder ihn zu beeinflussen?
Sie müssen trennen zwischen Gebäude und Betrieb. Ich halte den Betrieb für sinnvoll, haben doch das erste Jahr und die Auslastungszahlen gezeigt, dass das Konzept angenommen wird. Die Schwierigkeiten mit dem Bau und seiner Entwicklung datieren von früher. Diese haben mit der enormen Investitionssumme von zuletzt 30 Millionen Euro das Ganze in den Sand gesetzt. Löst man sich von diesen Altlasten, kann das Tempodrom auf Dauer wirtschaftlich betrieben werden.
Ist die Stiftung selbst nicht auch leichtfertig mit Baukosten, der Projektentwicklung und den Bauunternehmen umgegangen?
Die öffentliche Hand hat sich von Beginn an für das Projekt finanziell sehr stark engagiert. Von der privaten Stiftung ist darüber hinaus und bis zuletzt immer forciert worden, zusätzliche Mittel an Land zu ziehen. Frau Moessinger hat da „gute Arbeit“ geleistet und immer ein offenes Ohr gefunden. Das alles hätte beizeiten gestoppt werden müssen.
Irene Moessinger fordert, das Land müsse die Stiftung entschulden. Das Tempodrom als Bau und der Betrieb könnten so aus der Krise geführt werden.
Auf dem Tempodrom liegt ein Kredit, zu 80 Prozent verbürgt vom Land Berlin, in Höhe von rund 10 Millionen Euro. Wenn Berlin das entschulden sollte, müssten Herrn Sarrazin schon gute Gründe vorgebracht werden, denn es gibt auch andere Einrichtungen, die das Geld nötig hätten. Darum will er zu Recht einen Schlussstrich ziehen. Und unter den möglichen Eigentümern gibt es bei dieser Größenordnung sicher seriöse Interessenten. Diese hätten den Bau, könnten den Veranstaltungsort ausbauen und die Betreiber an Bord bleiben.
Aber die Betreiber fürchten, dass bei einem Verkauf einschneidende Veränderungen in der Struktur und dem Programm des Tempodroms auf sie zukämen. Das Tempodrom, so ihr Argument, wäre nicht mehr dasselbe. Teilen Sie nicht auch solche Befürchtungen?
Das tue ich nicht. Denn jeder Investor kennt doch das Programmprofil und weiß, dass das Haus einen über Berlin hinausgehenden Namen hat. Außerdem hat es ein Konzept, das wir alle auch weiterhin vertreten. Alles andere würde den Standort kaputtmachen – wäre also für jeden Investor nicht tragfähig. Der vorhandene „Mix“, von Kabarett über klassische Musik bis zu Holliday-on-Ice, hat sich bewährt. Und genau dafür kann das Land ein Käuferpotenzial auftun. Für Schlamm-Catchen oder Sechstagerennen gibt es andere Arenen. Jeder vernünftige Investor schließt so etwas aus.
Keine Angst vor der Zukunft?
Nein.
INTERVIEW: ROLF LAUTENSCHLÄGER