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Archiv-Artikel

Viele Kunden sind gegen größte Gasfusion

Wehklagen nach Union von E.ON und Ruhrgas. Energieverbraucher wollen das Verfahren jetzt bei der EU anfechten

BERLIN taz ■ Langsam setzt sich der Staub nach der größten Gasfusion des Kontinents, dem Kauf von Ruhrgas durch die E.ON AG für etwa 10 Milliarden Euro. Zum Vorschein kommen ein riesiger Konzern und viele wehklagende Kunden desselben.

Am Freitag hatten alle Kläger ihre Einsprüche gegen die Fusion kurz vor der Urteilsverkündung zurückgezogen, weil sie von E.ON mehr oder weniger hoch entschädigt wurden. Damit gilt eine Ministererlaubnis vom vergangenen Jahr für die Fusion. Mit dieser Erlaubnis hatte die rot-grüne Bundesregierung ein Votum des Bundeskartellamts und der Monopolkommission überstimmt. Diese beiden hatten sich gegen eine Vereinigung von E.ON und Ruhrgas ausgesprochen, weil sie den Wettbewerb auf dem Gasmarkt in der Bundesrepublik gefährde. Die Regierung sah hingegen die Sicherung der deutschen Energieversorgung über verbesserte Zugangsmöglichkeiten auf dem internationalen Markt als vorrangig an. Ruhrgas ist der größte Gasimporteur der Welt, hat aber auch Zugriff auf Förderung, Transport und Kunden. Sie setzt hierzulande jährlich 56 Milliarden Kubikmeter Erdgas ab, der nächstgrößte Konkurrent RWE/Transgas 26 Milliarden. Und die neue Mutterfirma E.ON ist nicht nur ein großer Stromerzeuger, sondern auch an 130 Stadtwerken allein in Deutschland beteiligt.

„Die Botschaft dieser Fusion ist eindeutig und schadet nicht nur den Energiemärkten, sondern dem gesamten Standort Deutschland“, so gestern Manfred Panitz vom mittelständischen Bundesverband der Energieabnehmer (www.vea.de). Schon bisher sei der Markt durch nahezu keinen Wettbewerb und ein viel zu hohes Preisniveau gekennzeichnet. „Mit den nötigen Beziehungen und einer dicken Geldbörse kann man sich von allem freikaufen“, bemängelte er die hiesige Regelung, die Marktöffnung den beteiligten Unternehmen zu überlassen und auf eine staatliche Aufsicht im Energiesektor de facto zu verzichten.

Ins gleiche Horn stößt Aribert Peters vom Verein Bund der Energieverbraucher. Er will sich noch in dieser Woche mit dem für das Kartellverfahen zuständigen Richter am Düsseldorfer Oberlandesgericht treffen. Dieser hatte erklärt, es spreche einiges dafür, dass entscheidende Verträge der Fusion erst zu einem Zeitpunkt in Kraft getreten seien, als E.ON weniger als zwei Drittel seiner EU-Umsätze in Deutschland machte. Auch E.ON-Vorstandschef Ulrich Hartmann habe das öffentlich erklärt. Damit aber wäre die Fusion von der Zustimmung der EU-Wettbewerbsbehörde abhängig und die Bundesregierung gar nicht zu einer Genehmigung befugt. „Wir werden deshalb nicht klein beigeben, sondern den Fall nach Brüssel tragen“, so Peters am Samstag (www.energienetz.de). Verbände waren als Kläger im deutschen Verfahren nicht zugelassen. REINER METZGER