: Nichts als hässliches Geschirr
Die Adler Mannheim schlagen die Kölner Haie mit 5:4 und sind der erste Sieger des deutschen Eishockey-Pokals. Die Freude darüber hält sich allerdings spürbar in Grenzen
KÖLN taz ■ Stefan Ustorf sah nicht besonders glücklich aus, als Hans-Ulrich Esken, Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB), ihm auf dem Eis der Köln–arena den hässlichsten Pokal aller Zeiten in den Arm drückte. Der Kapitän der Mannheimer Adler schaute leicht ungläubig auf das güldene Geschirr, das so aussieht, als sei es aus der Dekoration einer mittelmäßigen Sushi-Bude geklaut worden. Aber da Ustorf nicht nur Kapitän der Adler, sondern auch noch ein gut erzogener junger Mann ist, wusste er, was zu tun ist: Er lächelte, hob den Cup gen Arenen-Dach und legte immerhin eine halbe Ehrenrunde aufs Eis. „Diesen Pokal muss man erst mal gewinnen“, stellte er anschließend fest.
Man hat sicher schon begeistertere Sieger gesehen. Aber woher kam der Mangel an Freude? Ganz einfach: Im ersten offiziellen Eishockey-Pokalfinale besiegte Vizemeister Mannheim zwar den DEL-Champion Kölner Haie 5:4, holte sich damit aber eine Trophäe, die bislang nicht nur aus ästhetischen Gründen niemanden interessiert hat. Die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) und der DEB haben den Wettbewerb erst in dieser Saison mit dem Ziel eingeführt, analog zum Fußball eine Tradition zu gründen. Und damit den „Kleinen“ die beliebte Chance zu geben, die „Großen“ zu düpieren. Doch „die eigenen Pokalgesetze“, wie sie im Fußball immer mal wieder entzücken, wollten sich auf Kufen noch nicht einmal ansatzweise einstellen. „Die Unterschiede sind im Eishockey größer. Es ist viel unwahrscheinlicher als im Fußball, dass ein Zweit- einen Erstligisten schlägt“, nennt der Kölner Nationalspieler Andreas Renz hierfür den Grund.
Wie Recht Renz hat, zeigte gleich das Pokal-Premierenjahr: Die „Kleinen“ verschwanden schnell – schon nach der zweiten Runde waren die DEL-Klubs unter sich. Danach blieb den Profis die Pflicht, zusätzlich zu den 52 DEL-Vorrundenspielen auch noch im Cup antreten zu müssen, in dem es außer einer Prämie von 20.000 Euro für den Pokalsieger nichts zu gewinnen gibt, noch nicht einmal nachfolgende internationale Ehren. So fand Gunnar Leidborg, Trainer der Kassel Huskies, nach dem Aus im Achtelfinale gegen die Kölner Haie selten ehrliche Worte: „Jetzt muss Köln nach Schwenningen fahren und wir nicht. Viel Spaß dabei!“ Er meinte wohl: Die lange Busreise in den Schwarzwald macht niemand gern – und für ein sinnloses Spiel noch viel weniger. Auch die Zuschauer goutierten den Pokal kaum. Während des ganzen Wettbewerbs war nicht eine Halle ausverkauft. Ergo: Während Mannheims Manager Marcus Kuhl den Cup diplomatisch „nicht sonderlich attraktiv“ nennt, bilanziert Haie-Geschäftsführer Holger Rathke genervt: „Mir erschließt sich der Sinn nicht. Nicht nur wir haben im Pokal nur draufgezahlt.“
Auch das Finale machte es nicht besser. Denn das, was Kölner und Mannheimer am Dienstagabend vor 10.950 Zuschauern (sonst kommen zu Spitzenspielen mindestens 14.000) aufs Eis legten, war von mitreißendem Eishockey so weit entfernt wie Joschka Fischer von einem faltenfreien Gesicht. Haie-Coach Zach, den die Endspiel-Niederlage seiner Mannschaft nicht weiter zu stören schien, befand: „Es gab viele Tore, das war schön für die Zuschauer. Was an dem Wettbewerb zu ändern ist, müssen andere entscheiden.“
Das haben sie bereits getan: DEL und ESBG, in der die Zweit- und Drittligisten zusammengeschlossen sind, werden den Cup in nur unerheblich modifizierter Form auch in der nächsten Saison stattfinden lassen. „Der Pokal braucht Zeit, sich zu etablieren“, findet DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke. Derweil dürfen die Mannheimer ihren Briefkopf mit dem Zusatz „Deutscher Pokalsieger 2002/2003“ schmücken. CHRISTIANE MITATSELIS