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Archiv-Artikel

gesundheitsreform Wer lügt, hat Schuld

Wer wissen will, wer Schuld hat an der Konfusion um die Gesundheitsreform, muss genau hinschauen. Wahr ist, dass in der Umsetzung nicht die Politiker, sondern die Ärzteverbände und Krankenkassen versagt haben. Es wäre der Job der Kassen gewesen, dafür zu sorgen, dass Heimbewohner ihr Januar-Taschengeld nicht für Medikamente ausgeben müssen. Es wäre der Job der Ärzteverbände gewesen, die Ärzte über die Tücken der Praxisgebühr aufzuklären, statt Propagandaplakate zu drucken.

KOMMENTAR VON ULRIKE WINKELMANN

Wahr ist außerdem, dass Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und große Teile der SPD (nicht aber der Kanzler) ursprünglich eine ganz andere Reform wollten: eine, die Patienten nicht so stark belastet. Eine, die die bräsigen Kassen und die machtverliebte Ärzteschaft an ihre Verpflichtung gegenüber dem Versichertenvolk erinnert.

Unwahr aber ist, dass die Ministerin nichts mit dem verbreiteten Gefühl zu tun habe, dass da eine Regierung eine Reform weichredet, die in Wirklichkeit ganz genauso hart ist, wie sie vergangenen Sommer eingetütet wurde. Ulla Schmidt behauptete im Fernsehen, dass Heimbewohner auf Sozialhilfe nur drei oder sechs Euro vom Taschengeld für Arzt und Arznei ausgäben. Das war gelogen. Diese Regelung wird es zwar jetzt bald geben, gibt es aber noch nicht.

Im Dezember erklärte Schmidt, dass eine vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen vorgelegte Definition von „chronischer Krankheit“ zu eng sei. Das Ministerium klang so: Mehr Leute sollten den Ehrentitel „chronisch Kranker“ tragen und damit auch Vergünstigungen bei Zuzahlung und Praxisgebühr in Anspruch nehmen dürfen. Aber nein. Gestern stellte sich heraus, dass das Ministerium die alte Definition im Prinzip billigt – mit Veränderungen, die nichts daran ändern werden, dass von den monatelang angepriesenen Vergünstigungen für chronisch Kranke nur wenige profitieren werden.

Und was ist eigentlich mit der Senkung der Kassenbeiträge? Zur Erinnerung: Das war mal der Grund für diese Reform. Es gab, bis vor wenigen Tagen, wilde Versprechungen, über die man nun fast nur noch barmherzig schweigen möchte. Aber warum eigentlich? Von sinkenden Beiträgen versprachen sich nicht nur Arbeitgeber, sondern auch auch die Versicherten eine Erleichterung, die sie nun kaum kriegen. Und belogen wurden sie nicht von Ärzten oder Kassen, sondern von: den Politikern.

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