: Hilfe für Klimakiller
AUS BERLIN STEPHAN KOSCH
Wer sich im kommenden Jahr ein neues Auto kauft, soll mindestens für zwölf Monate dafür keine Kfz-Steuern zahlen müssen. Und wer sich für ein schadstoffarmes Auto entscheidet, spart zwei Jahre lang die Steuer. Das bestätigte gestern ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums der taz. Allerdings müsse das Vorhaben noch mit den Bundesländern abgestimmt werden, die bislang die kompletten Einnahmen aus der Kfz-Steuer bekommen. Ihnen könnten am Ende rund 2 Milliarden Euro fehlen. Entsprechend zurückhaltend äußerte sich schon einmal Schleswig-Holstein. „Das ist Geld der Länder, über das der Bund nicht so einfach verfügen kann“, sagte Finanzstaatssekretär Arne Wulff. Wenn der Bund hier etwas regeln wolle, müsse er die Einnahmeausfälle vollständig ausgleichen.
Konkret zeichnete sich am Donnerstag in Regierungskreisen folgende geplante Regelung ab: Neufahrzeuge, die die Euro-4-Norm erfüllen, sollen ein Jahr lang von den Steuern befreit werden, bei Einhaltung der Euro-5- oder Euro-6-Norm verdoppelt sich dieser Zeitraum. Letzteres trifft aber bislang nur auf eine Minderheit der verkauften Autos zu. Von den gut 261.000 im September neu zugelassenen Autos erzielten rund 234.000 die Euro-4-Grenzwerte, aber nur gut 7.000 die Euro-5-Norm. Dabei soll dieser Grenzwert eingeführt werden, Euro-6 dann ab 2014.
Zwar kann ein solches Steuersparprogramm die Marktdurchdringung von Autos mit strengeren Abgasnormen theoretisch fördern, Umweltverbände kritisierten aber, dass gleichzeitig auch der Verkauf aller Euro-4-Autos gefördert werden soll. Und diese Norm erreicht derzeit jeder Neuwagen, egal ob Prius oder Porsche. Denn die EU-Vorgaben berücksichtigen zwar problematische Bestandteile des Abgases wie Kohlenmonoxid, Stickstoffoxide oder Rußpartikel, kein Kriterium ist aber der Ausstoß von Kohlendioxid, das als Hauptverursacher der globalen Klimaerwärmung gilt.
Entsprechend vernichtend fiel auch die Kritik von Umweltschützern aus. „Ein reines Konjunkturprogramm für die Autoindustrie auf Kosten der Umwelt“, erklärte Greenpeace, „Verkaufsförderung für Klimakiller“ die Deutsche Umwelthilfe.
Doch auch der branchenfreundliche Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer von der FH Gelsenkirchen sprach von einer Lachnummer. „Das Vorhaben führt zu einem 100-prozentigen Mitnahmeeffekt, und der Steuerzahler muss dafür aufkommen.“
Etwas moderater zeigte sich hingegen der Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA). Der Vorschlag könne „ein erster Startschuss für die Ankurbelung des Fahrzeugabsatzes sein“, erklärte VDA-Präsident Matthias Wissmann. Unabhängig davon müsse die Bundesregierung nun aber „rasch die CO2-basierte Kfz-Steuer umsetzen“.