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Archiv-Artikel

Zweite Chance für Tommy Franks

Der Oberbefehlshaber des US-Truppen am Golf jagte schon Bin Laden. Er ist kein aggressiver Haudrauf

WASHINGTON taz ■ Tommy Franks bekommt eine zweite Chance. Dem Oberbefehlshaber der US-Truppen am Golf ist der Terrorfürst Ussama Bin Laden bislang entwischt. Nun soll er den irakischen Diktator Saddam Hussein stürzen und anschließend die militärische Verwaltung des Irak übernehmen.

Vier-Sterne-General Franks ist kein Mann der vielen und salbungsvollen Worte über heroisches Soldatentum. Als er im vergangenen Dezember seine neue, 60 Millionen Dollar teure Kommandozentrale in Katar inspizierte, machte er ein paar Witze und mischte sich dann unter seine Soldaten. Er ist medienscheu und gibt ungern Interviews. „Meine Absicht ist es, einen normalen Job zu machen“, sagt er.

Ungewöhnlich ist jedoch die Aufgabenfülle, die Franks gegenwärtig zu verantworten hat. Als Oberbefehlshaber des Zentralkommandos der US-Streitkräfte – eine von neun Befehlszentralen, die direkt dem Präsidenten und Verteidigungsministerium unterstellt sind – ist er für 25 Länder zuständig, von Ägypten bis nach Zentralasien. Er hat den Truppenaufmarsch am Golf koordiniert. Die Anti-Terror-Operationen am Horn von Afrika stehen unter seiner Leitung. Und er befehligt die Jagd auf Ussama Bin Laden.

Doch die Gegner sitzen nicht nur am Hindukusch, sondern manchmal auch in den eigenen Reihen. Die Generäle standen, anders als die zivilen Bürokraten im Pentagon, einem Irakkrieg eher skeptisch gegenüber. Darunter hat auch das persönliche Verhältnis zwischen Franks und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld gelitten. In Afghanistan wollte Rumsfeld viel früher Bodentruppen einsetzen, doch Franks zögerte. Als es um die Erstürmung des Höhlensystems Tora Bora im Osten Afghanistans ging, wo man das Versteck Bin Ladens vermutete, setzte er zu spät eigene Truppen ein. Dies wurde innerhalb des Pentagon als schwerer strategischer Fehler angesehen, eine Kritik, die jedoch nie öffentlich geäußert wurde.

Auch im Vorfeld des Irak-Feldzugs trat Franks auf die Bremse. „Niemand hasst den Krieg so sehr wie ein Soldat“, mahnte der Vietnamkämpfer, der dort dreimal verwundet wurde. „Je länger man Zeit zur Vorbereitung eines Auftrags hat, desto eleganter wird die Ausführung“, riet er den Verteidigungspolitikern, als sie Kriegsszenarien für den Irak durchspielten.

Mindestens einmal im Monat reiste Franks während des Truppenaufmarsches am Golf nach Washington, um Präsident Bush persönlich über die Kriegsvorbereitungen zu unterrichten. Rumsfeld ruft ihn mehrmals täglich an und lässt sich über den neuesten Stand der Dinge informieren. Demonstrativ stellte sich Rumsfeld hinter ihn, als bekannt wurde, dass gegen den 57-Jährigen Ermittlungen wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch laufen. Die Vorwürfe, seine Frau hätte ihr nicht zustehende Dienste in Anspruch genommen, konnten bislang nicht nachgewiesen werden.

Einer anderen Frau und seiner Herkunft verdankt Franks seine engen Beziehungen zu George W. Bush. Die heutige First Lady und er wuchsen im einst rückständigen Westen von Texas auf, wo der Bush-Clan eine prosperierende Ölindustrie aufbaute. Beide gingen dort auf dieselbe Highschool. „Mein Vertrauen in Gott ist mir wichtig“, sagt Franks und weiß sich auch damit bei Bush Junior in guter Gesellschaft.

MICHAEL STRECK