: Kollegiales Licht
Wer genau entscheidet? Auch nach einem Treffen der 16 Bewerberstädte für den Titel „Kulturhauptstadt 2010“ bleibt diese Frage unbeantwortet
Schmerzlich vermisst: der Bundesrat. Alle waren sie der Einladung des Deutschen Kulturrats nach Berlin gefolgt, die 16 Bewerberstädte für den Titel „Kulturhauptstadt 2010“, VertreterInnen der Kultusministerkonferenz, des Auswärtigen Amts, des Staatsministeriums für Kultur und des Städtetags – nur der Bundesrat blieb fern. Dabei ist er es, der die entscheidenden Hebel zieht bei der Kandidatenkür, er ist es, der das Auswahlverfahren im Detail festlegen muss. Und deswegen hätte man ihn dringlich für eine Stellungnahme gebraucht, den Bundesrat, um sich endlich auf den Preisrichter einstellen zu können: Am 31. März endet die Bewerbungsfrist für die Städte aus den Flächenländern, am 30. Juni müssen die Stadtstaaten ihre Bewerbungen abgeben. Die Vorbereitungen in den Bewerberstädten laufen auf Hochtouren.
Über das genaue innerstaatliche Bewerbungsverfahren lässt sich also nach dem Treffen am Mittwoch also nur das sagen, was seit dem Bundesratsbeschluss von 1999 bekannt ist: Der Bundesrat erhält die Bewerbungen bis Ende September 2004 und hat bis Ende Juni 2005 Zeit, eine Stellungnahme abzugeben. Die geht dann an die Europäische Union, welche Ende des Jahres 2005 den Sieger verkündet.
Wenn es nach der Bremer Projektgruppe Kulturhauptstadt, nach den meisten Städten und nach dem Kulturrat ginge, sollte die innerstaatliche Entscheidung von einer Fachjury gefällt werden: „Der Deutsche Kulturrat fordert den Bundesrat auf, gerade auch im Licht der kollegialen Zusammenarbeit der Städte für das Auswahlverfahren ein unabhängiges Beratergremium einzurichten“, so Kulturrat-Geschäftsführer Olaf Zimmermann. Verhindert werden soll damit, dass im Bundesrat die Stadt mit der besten Lobby gekürt wird – und nicht die mit der besten Bewerbung. Zimmermann: „Es kann nicht sein, dass dann Ministerialbeamte auf Zuruf und ohne Kriterien entscheiden.“
In der zuständigen Stelle im Bundesrat, dem Ausschuss für Kulturfragen, ist Zimmermanns Anliegen längst bekannt. Nur befassen will man sich dort noch nicht mit der Idee: „Wir sind erst gefragt, wenn uns etwas vorliegt.“ Vor dem Eingang der Bewerbungen im dritten Quartal 2004 wolle man sich gar keine Gedanken über die Frage machen, und was die Auswahlkriterien betrifft, gebe es da ja den Ratsbeschluss der EU vom Mai 1999.
Der kühlen Haltung des Bundesrats indes steht auf Seiten der Bewerberstädte ein dezidiert warmherziger Umgang miteinander gegenüber: Vereinbart wurde, dass alle Bewerberstädte nach der endgültigen Entscheidung die Gewinnerstadt unterstützen wollen – als Gegenleistung wird die Gewinnerstadt den unterlegenen Mitbewerbern ein Podium im Kulturhauptstadtjahr bieten. Ferner hat man am Mittwoch eine Arbeitsgruppe gegründet, die die Präsentation des Bewerbungsverfahren in den Medien vorbereiten wird. Bereits zugesagt ist bereits vom TV-Sender 3sat, alle Bewerberstädte in der Sendung „Kultur-Tüv“ unter die Lupe zu nehmen.
In der Arbeitsgruppe „Öffentlichkeitsarbeit“ ist übrigens neben Karlsruhe, Kassel, Augsburg, Regensburg und dem Ruhrgebiet auch Bremen vertreten. Eine Zusammenstellung, die Zimmermann nicht wundert, handele es sich doch um die Städte, die die Bewerbung schon seit längerem mit großem Engagement verfolgen.
Klaus Irler