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Archiv-Artikel

Spaßige Apokalypse

Mit „The Future is Wild“ wagt das ZDF einen aufwändigen Blick zurück in die Zukunft (20.15 Uhr). In fünf Millionen Jahren ist der Mensch längst weg

von JAN FREITAG

Kein Mensch weit und breit, die Krone der Schöpfung ausgestorben – was für den Homo sapiens übel klingt, ist für die Erde ein Segen und für das ZDF Gewissheit: In fünd Millionen Jahren, behauptet die internationale Co- Produktion „The Future is Wild“, sind wir Geschichte.

Und die Welt? „Sie wird sich weiterdrehen!“, beruhigt die Stimme aus dem Off. Sechs Jahre und acht Millionen Euro haben neun Sender ins Dokutainment der Zukunft investiert – für Produzent John Adams ein Pilotprojekt. Bisher wurde am Computer überwiegend Vergangenheit animiert – Dinos, Neandertaler und Co. Adams und sein Team aber wollen zeigen, „wie die Welt in 5, 100, 200 Millionen Jahren aussehen könnte“. Die Betonung liegt auf dem Konjunktiv, ständig unterbrochen von Forscher-Erläuterungen wagen die drei 45-Minuten-Filme den virtuellen Sprung ins Ungewisse, als „Versuch, Wissenschaft und Phantasie zu kombinieren“ (Adams).

48 Tierarten wurden auf Grundlage der Evolutionsforschung am Rechner kreiert. „Realistisch kann das gar nicht sein“, sagt der Wiener Verhaltensbiologe Prof. Kurt Kotrschal – „aber völlig plausibel“. Und das zählt.

Wenn „Schneeschleicher“ durch die zukünftige Tundra im heutigen Paris auf Beutefang gehen oder brütende „Tölpelwale“ Angreifern zur Abwehr vor die Füße kotzen, ist das in der Tat spannend – aber doch arg detailliert. Ist Evolution denn überhaupt berechenbar? Ja, meint Kurt Kotrschal: „Die Grundannahmen der Geologie sind fast sicher, die Auswirkungen aufs Klima extrem wahrscheinlich – und die Rückschlüsse auf die Biologie absolut möglich.“

Und weil das Ganze auch Quote bringen soll, wird – je nach Zielgruppe – fleißig für Kurzweil gesorgt: Da in den USA Action zählt und Darwin vielerorts als Ketzer gilt, liefen dort mit großem Erfolg 13 halbstündige Sendungen „mit mehr Jagen, Treten, Töten“ (Adams) und weniger Evolution. In der europäischen Version dominiert dagegen poppig aufgemachte Verhaltensforschung. „The Future is Wild“ ist schon im ersten Teil, um das Jahr 5.002.003 herum, lehrreich, bietet aber auch reichlich Stoff zum Nachhaken. Zumal der Mensch ganz mies abschneidet: er kommt nicht mal als Erinnerung vor. „Wir sollten uns nicht so ernst nehmen“, weist Prof. Kotrschal anthropozentristische Kritik zurück.

In 200 Millionen Jahren soll nach einer Naturkatastrophe auf dem einzigen Erdkontinent gar nur noch eine Säugetierart existieren. Und Ruth Omphalius vom ZDF sagt: „Ich hoffe, das ist nicht zu apokalyptisch, sondern macht auch Spaß.“

Fortsetzung: 15. 4., 22. 4., 20.15 Uhr