Summerfeeling! Summerfeeling! Adam Green kommt in die Fabrik
: Suicide! Suicide!

Friends of Mine, das war im Jahr 2003 eine der Sommerlieblingsplatten. Adam Green, der Sänger der Moldy Peaches auf Solopfaden, war aber auch zu süß, dieser Wuschelkopf mit den dunklen, traurigen Augen. Und mit einer Stimme, die eigentlich viel älter klang, als Green sein konnte. So saß die Indie-Pop-Jugend eng zusammen, am Baggersee, im Schwimmbad, nachts auf Balkonen, auf der Wiese hinter der Uni – und wärmte die warmen Körper noch weiter auf. Lange, sehr lange hielt diese Platte. Mindestens vier Wochen rauf und runter. Dann kam eine andere, aber Adam Greens Meisterstück blieb trotzdem unvergessen und präsent.

Die Musik des New Yorkers, das ist eine Stimme, ein kleines Streicherquartett, ein paar Folk- und Countrygitarren. Mehr nicht. Das ist schon viel, verglichen mit Jonathan Richman zum Beispiel, der seit Dekaden an einer ähnlichen Version von Sommersongs schraubt. That Summerfeeling, Summerfeeling. Green ist freilich pathetischer als Richman, bei einigen Stücken wie „We‘re Not Supposed To Be Lovers“ fast so pathetisch wie Leonard Cohen. Und übrigens gänzlich unpunkig. Aber auch, wer die Rotznasigkeit der Moldy Peaches schätzt und sie bei Adam Green zu finden hoffte, der wurde enttäuscht.

Es sind natürlich die Songs, die den Zauber dieses Albums erklären, fast jeder ein kleines Meisterwerk, wie sie nur noch in den alten Songschmieden am Rande der Stadt entstehen können. Vollkommen unmodern. Oder besser: vollkommen aus der Zeit gefallen. Dazu singt Green über Selbstmord, Amputationen und Sex. Keine schöne Kombination, aber eine, die das New Yorker Leben ihm ins Ohr geflüstert haben mag. „Suicide, suicide, leaning out to everyone that hides“ trällert es gerade aus der Vinylritze und man trällert unbeschwert mit: „Suicide! Suicide!“ So können nur Amerikaner über Selbstmord singen.

So kommen also bei dem 22-Jährigen Adam Green Schlafzimmerblick, eine gute Portion Sarkasmus, die Liebe zu den Tugenden des klassischen Singer- Songwritertums und eine klitzekleine Messerspitze juvenile Rockrebellion zusammen – und wir gehen sogar vor Greens Biographie in die Knie. Ururgroßmutter Felice Bauer, die 1936 als jüdische Emigrantin nach New York kam, war die Verlobte von Franz Kafka. Jetzt stürmt der literarische Held des New Yorker Antifolk die Hamburger Fabrik.

Marc Peschke

Donnerstag, 21 Uhr, Fabrik