: Keine Irakhilfe ohne UN-Mandat
IWF und Weltbank fordern mit der Stimme des US-Vertreters eine UN-Resolution zum Wiederaufbau. Erste Zeichen der Annäherung zwischen Kriegern und Kriegskritikern
WASHINGTON taz ■ Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) sind sich einig, dass jegliche Hilfe für den Irak nur über ein UNO-Mandat möglich ist. Der IWF hat sich am Samstag auf seiner Frühjahrstagung in der US-Hauptstadt einstimmig, das heißt mit der Stimme der USA, für eine neue UN-Resolution zum Wiederaufbau des Irak ausgesprochen.
Bislang hat die US-Regierung immer ihren Führungsanspruch beim Wiederaufbau des Irak geltend gemacht, gleichzeitig die beiden Finanzinstitutionen zu raschem Einsatz im Zweistromland gedrängt. US-Finanzminister John Snow kritisierte vergangene Woche Weltbankpräsident James Wolfensohn, der Aufbauhilfen von einer formellen Anerkennung einer Regierung in Bagdad durch die Vereinten Nationen abhängig macht. „Weltbank und der IWF sollten ihre Expertise so schnell wie möglich zu Verfügung stellen“, forderte er. Snow sagte am Wochenende, dass sich an dieser Haltung nichts geändert habe. Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul erklärte, die Position der Bundesregierung sei eindeutig: Ohne UNO-Mandat kein Weltbank-Engagement. Sie betonte, dass die UNO-Unterorganisation ohnehin keine andere Möglichkeit habe, da es sich um eine schlichte Geschäftsbedingung handle. Wer nun den Wiederaufbau des Iraks hauptverantwortlich leiten wird und damit auch die Verteilung lukrativer Aufträge, ist noch ungeklärt.
Auch in der Frage eines Schuldenerlasses für den Irak bleiben die Fronten verhärtet. Die US-Regierung will Bagdad die geschätzen Auslandsschulden von 65 bis 100 Milliarden Dollar erlassen. Sie erwartet von Frankreich, Russland und Deutschland hierbei eine Art Wiedergutmachung für nicht geleistete Kriegsunterstützung. Finanzminister Hans Eichel hat diesem Ansinnen eine Absage erteilt. Für die Schuldenfrage sei der „Pariser Club“ zuständig. Zudem setze jeder Schritt voraus, dass es eine legitimierte irakische Regierung gebe. Dennoch befand Eichel, dass es mit seinem Amtskollegen Snow „überhaupt keine grundsätzlichen Differenzen“ in Sachen Wiederaufbau gegeben habe.
Wer will, kann hieraus Zeichen der Annäherung lesen. Einen Tag zuvor bezeichnete Snow bereits ein Treffen mit seinem französichen Amtskollegen als „extrem freundlich“. Beide stimmten überein, dass die internationale Gemeinschaft für den Wiederaufbau im Irak zuständig sein solle. Auch US-Außenminister Colin Powell sandte versöhnliche Signale und verkündete, die UNO sei bei der Gestaltung der Nachkriegsordnung im Irak „enorm wichtig“. Für Montag hat die US-Regierung den jüngst von Kofi Annan ernannten UN-Sondergesandten für den Irak zu Gesprächen ins Weiße Haus eingeladen.
Nüchtern betrachtet gibt es einen Zwang zur Kooperation. US-Truppen werden den Irak bald vollständig kontrollieren. Doch bislang ist jeder Umgang mit dem Land an UNO-Resolutionen gebunden. Das schließt Ölexporte und den gesamten Warenhandel ein. Solange das Sanktionsregime besteht, muss die US-Regierung mit der UNO zusammenarbeiten, will sie nicht permanent mit dem Völkerrecht auf Kriegsfuß stehen. Bislang treiben die USA jedoch ihre Irakpolitik unbeirrt voran – so geschehen bei der Ernennung eines US-Zivilverwalters und der Vergabe erster Aufträge an US-Firmen.
MICHAEL STRECK