DER KAMPF UM DEN EMISSIONSHANDEL LÄUFT IN ALLER STILLE : Schwache Minister reizt man nicht
Der Konflikt zwischen Umweltminister Jürgen Trittin und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement um den Emissionshandel läuft erstaunlich geräuschlos ab. Vom Gespräch im Kanzleramt sickert fast nichts nach außen. Das ist ungewöhnlich: Normalerweise füttern beide Seiten die Medien, um Stimmung für ihre jeweilige Position zu machen.
Trittin tritt leise auf. Er weiß: Geht es erst um die Details des Emissionshandels, wird die Front der Industrie ohnehin an ihren unterschiedlichen Interessen zerbrechen. Clement hingegen hatte vor dem Gespräch mit Trittin und Schröder im Kanzleramt noch kein eigenes Konzept. Offenbar liegt ihm die Energiepolitik nicht so am Herzen wie seinem Vorgänger, dem heutigen Ruhrkohle-Chef Werner Müller. Das weiß auch Trittin.
Auch scheint Clement kein Interesse zu haben, sich wie vergangenes Jahr beim Streit um erneuerbare Energien wieder eine Niederlage einzuholen. Damals preschte er mit einem eigenen Konzept vor und scheiterte an der SPD-Fraktion. Lediglich ein paar allgemeine Erklärungen zum Emissionshandel hat Clement bislang abgegeben – darüber, dass die Kohle ein wichtiger Energieträger bleiben müsse. Das lässt allen Raum für Kompromisse.
Clement steht bereits mit seiner Ablehnung der Ausbildungsplatzabgabe auf recht verlorenem Posten. Der Machtwechsel an der SPD-Spitze schwächt seine Position. Beim Regierungsstart hatte er noch als der Kronprinz gegolten, als Star im Kabinett. Doch vom Machtwechsel an der SPD-Spitze erfuhr er wie alle Genossen aus dem Radio. Kaum noch jemand nennt ihn „Superminister“. Zwar hat er die – vor seiner Amtszeit – angeschobenen Hartz-Reformen umgesetzt. Doch davon fiel wenig Glanz auf ihn. Erstens waren diese durch das Gezerre im Vermittlungsausschuss ohnehin Chefsache. Zweitens nahm der traurige Abtritt von Florian Gerster den Reformen beträchtlich an Glanz.
Bislang moderiert das Kanzleramt bloß. Da vermeiden es die Umweltpolitiker beider Koalitionsparteien, öffentlich Druck zu machen. Einen geschwächten Minister reizt man nicht. Denn das könnte den Kanzler zwingen, sich plakativ einzumischen – zu Lasten einer umweltpolitisch vernünftigen Lösung. MATTHIAS URBACH