OFF-KINO : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Niemand konnte im französischen Kino Unnahbarkeit besser verkörpern als die perfekte Schönheit Catherine Deneuve. Nicht zuletzt deshalb war sie die ideale Besetzung für Luis Buñuels surreales Drama „Belle de Jour“, in dem der Regisseur sie als Frau eines Arztes besetzte, die unter ihrer Frigidität sowie masochistischen Zwangsvorstellungen leidet. Selbige kann sie erst dann hinter sich lassen, als sie sich in einem Bordell als Prostituierte verdingt. Dabei durchdringen sich Wirklichkeit, Traum und Fantasie unentwegt – wirklich sicher kann man sich als Zuschauer über die verschiedenen Bewusstseinsebenen nie sein. Ansonsten frönt Buñuel einmal mehr seinen bekannten Vorlieben und Abneigungen: Die großbürgerliche Gesellschaft bleibt hier ebenso unangenehm wie lächerlich, die katholischen Kirche ist immer noch ein Trauma und die erotischen Fantasien sind vom Marquis de Sade inspiriert. Der 1966 entstandene Film „Belle de Jour“ war der wohl größte kommerzielle Erfolg Buñuels.
Zu Lebzeiten fand die Malerin Paula Modersohn-Becker nur wenige Käufer für ihre modernen, frühexpressionistischen Gemälde und blieb auch von der zeitgenössischen Kritik ebenso unverstanden wie von ihren Worpsweder Künstlerkollegen, die sich in dem kleinen Ort im Moor bei Bremen vornehmlich einer naturalistischen Landschaftsmalerei widmeten. Erst nach ihrem frühen Tod 1907 im Alter von 31 Jahren wurde ihre Bedeutung als singuläre Künstlerpersönlichkeit in Deutschland langsam erkannt. In der Dokumentation „Paula Modersohn-Becker, ein Atemzug …“ zeichnet Regisseurin Nathalie David den Lebensweg und die Entwicklung der Malerin nach, indem sie zu Bildern der Gemälde und Landschaftsaufnahmen von Worpswede vor allem aus Briefen und Tagebuchaufzeichnungen der Künstlerin, ihrer Eltern, des Gatten (der Maler Otto Modersohn) und Rainer Maria Rilkes lesen lässt. Dies verdeutlicht nicht nur einleuchtend die von antiken Porträtdarstellungen bis zu japanischen Holzschnitten reichenden Einflüsse Modersohn-Beckers und ihr Ringen um den eigenen künstlerischen Ausdruck, sondern lässt auch ohne Sentimentalität die schwierige Ehe mit Modersohn und die Freundschaft zu Rilke und seiner Frau Clara Westhoff lebendig werden.
In der Filmgeschichtsreihe des Arsenals werden in der kommenden Woche die Perlen des schwedischen Stummfilms gezeigt. In jenen Jahren ließ man sich gern von den epischen Geschichten Selma Lagerlöfs inspirieren: 1919 drehte Mauritz Stiller mit Gespür für das historische Melodram „Herr Arnes Schatz“, in dem sich eine junge Frau in einen Söldner verliebt, der gemeinsam mit Kumpanen ihren Vater umgebracht hat. Obwohl der Film direkte Lagerlöf-Zitate als Zwischentitel benutzte, war die Autorin ziemlich unzufrieden mit dem Endprodukt. Auch Stillers freie Interpretation von „Gösta Berlings Saga“ (1924) gefiel ihr nicht: Die Irrungen eines ehemaligen Pfarrers (Lars Hanson), der schließlich durch die Liebe der Gräfin Elisabeth (Greta Garbo) geläutert wird, erschienen ihr als viel zu reißerisch dargestellt. LARS PENNING
„Belle de Jour“ (OmU), 6.–7. 12. im Lichtblick-Kino
„Paula Modersohn-Becker, ein Atemzug …“, 5./6./8.–10. 12. im Bali
„Herr Arnes Schatz“, 6. 12., „Gösta Berlings Saga“, 9. 12. im Arsenal 2