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Archiv-Artikel

zahl der woche Der Wirtschaft in Euroland geht es schlecht, doch der Euro steigt und steigt

Der Ex-Schlaffi

„Kein Viagra für den Schlaffi“, titelte die taz (an diesem Tag: Titten-taz) am 27. November 1999, als die Europäische Zentralbank wieder einmal die Zinsen nicht senken wollte. Schlaffi – damit war der Euro gemeint. Der kostete damals knapp über 1 Dollar und hatte übrigens noch lange nicht seinen tiefsten Stand erreicht.

Schlaffi? Diese Woche erreichte der Euro seinen höchsten Stand seit Anfang 1999 (und wir verlassen den Schwanz-Vergleich an dieser Stelle, bevor es peinlich wird). 1,15 Dollar bekommt man für 1 Euro. Shoppen in den USA lohnt sich für Europäer wieder, mal abgesehen von dem teuren Flug.

Seltsam nur, dass im Moment eigentlich alles dagegen spricht, Geld in der Eurozone anzulegen: Die beiden größten Länder Frankreich und Deutschland halten ihre Versprechen nicht, weniger Schulden und bald gar keine mehr zu machen. Den Stabilitätspakt, „Anker“ der neuen Währung, nehmen die Euroländer selbst nicht mehr so richtig ernst.

Im Wirtschaftsriesenland Deutschland herrscht alles andere als Planungssicherheit für Investoren. Die Regierung erwägt fast wöchentlich, irgendeine Steuer oder Subvention zu erhöhen, senken oder streichen. Die groß angekündigten Reformen – auf die auch die Kapitalanleger hoffen, weil sie ja das Wachstum wieder ankurbeln sollen – haben bisher das Papierstadium nicht überschritten. Von den jüngsten Schröderschen Plänen bekommt die Öffentlichkeit – auch im Ausland – vor allem das Gezeter der Interessengruppen mit.

Ganz anders in den Schwächejahren des Euro, 1999 bis 2001: Damals brüsteten sich die europäischen Finanzminister mit ihrem Spareifer, damals schien ein Schuldenabbau in greifbarer Nähe. Die rot-grüne Regierung in Deutschland zog ihre Steuerreform durch. Abgesehen von einigen notorischen Eurokritikern stellte niemand den Stabilitätspakt in Frage.

Woher kommt nun die plötzlich Stärke des Euro? Die Expertise verweist auf die USA. Das tat sie zwischen 1999 und 2001 auch. Damals hieß es, die Euroschwäche sei in Wirklichkeit eine Dollarstärke. Folglich wird die momentane Eurostärke jetzt als Dollarschwäche interpretiert. Entgegen aller Hoffnung erholt sich die Wirtschaft in den USA nämlich auch nicht.

KATHARINA KOUFEN