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Archiv-Artikel

DIE USA DÜRFEN SICH IM SÜDIRAK NICHT IHRER VERANTWORTUNG ENTZIEHEN Aufklärung für Saddams Opfer

„Einen kurzen Blick in die Hölle“ nannten es amerikanische Soldaten, als sie ein neues Massengrab in der Nähe des südirakischen Dorfes al-Mahawil entdeckten. Was mit Worten kaum zu beschreiben ist, lässt sich nicht einmal genau in Zahlen fassen. 3.000 Leichen wurden bisher entdeckt, bis zu 15.000 Menschen sollen dort vergraben sein. Sollte es einmal zu einem Prozess gegen Saddams Regime kommen, al-Mahawil würde zum Synonym seiner Verbrechen gegen die Menschheit werden.

Doch es dürfte nicht nur Saddams Regime auf der Anklagebank sitzen. Denn die sterblichen Überreste stammen meist von Schiiten, die sich auf amerikanische Initiative hin nach dem Golfkrieg 1991 gegen das Regime erhoben haben. Damals hatte Bush senior verkündet, dass das irakische Volk Saddam beiseite schieben solle, um so alle Probleme zu lösen. Tausende Schiiten nahmen den US-Präsidenten beim Wort und erhoben sich, in der Hoffnung, von den amerikanischen Truppen unterstützt zu werden. Doch nur vier Tage nach den aufstachelnden Worten Bushs änderte Washington seine Linie. Man wolle sich nicht in die inneren Angelegenheiten des Irak einmischen, ließ Bush von seinem Sprecher im Weißen Haus verkünden. Der Aufstand wurde von Saddam Husseins Republikanischen Garden blutig niedergeschlagen. Die Amerikaner sahen unbeteiligt zu. Niemand weiß, wie viele tausend Menschen dabei umkamen, aber viele von ihnen wurden offensichtlich in al-Mahawil verscharrt.

Heute dürfen sich die Amerikaner nicht ihrer Verantwortung entziehen. Als Besatzungsmacht sind sie für die systematische Untersuchung der Massengräber verantwortlich. Nur so können die Verbrechen Saddam Husseins vernünftig dokumentiert werden. Und nur so können sie sicherstellen, dass so viele Iraker wie möglich erfahren, wo ihre Verwandten und Freunde geblieben sind. Bisher ist die amerikanische Besatzung ihren im internationalen Recht verankerten Pflichten überhaupt nicht gerecht geworden, weder gegenüber den lebenden noch gegenüber den toten Irakern.

KARIM EL-GAWHARY