piwik no script img

Archiv-Artikel

vorlauf Wer sich in der Gefahr sonnt …

„Terror gegen Touristen“ (Themenabend, 20.45 Uhr, Arte)

Jeden Tag verreisen unzählige Menschen irgendwohin. Das fällt niemandem weiter auf, höchstens Nahestehenden und Verwandten. Und ebenso unspektakulär verlaufen diese Reisen überhaupt – die gröbsten Pannen sind erst nach einem Urlaub zu gewärtigen: Vertrocknete Blumentöpfe daheim beispielsweise. Und doch ist das Urlauben gerade in Ländern muslimischer Prägung besonders für Deutsche zum Risikofaktor geworden – und der Arte-Themenabend „Terror gegen Touristen“ beweist, dass die vermuteten Gefahren überwiegend medial angeheizte sind.

„Was uns auf den Nägeln brennt“ ist die Überschrift der vier Beiträge – was nur insofern stimmt, als es eben immer weniger Deutsche gibt, die ohne Scheu nach Ägypten, Marokko oder Bali reisen. Karin Rieppel, Autorin des ersten Beitrags „Reisen im Schatten des Terrors“, hat deutsche Touristen ans Rote Meer und in die äyptische Wüste begleitet und nicht mehr herausgefunden, als dass manche beklommen, andere beherzt furchtlos wie eh und je dorthin fahren. Ihre Gewährsleute in Ägypten selbst wissen nicht mehr zu sagen, als dass niemand Furcht haben müsse, denn Sicherheit ginge vor. Aber wer hat die Touristen eigentlich gefragt, ob sie sich wirklich wie in einem Hochsicherheitsgefängnis fühlen müssen, wenn sie nach Luxor reisen? Gehört ein Moment der Unsicherheit nicht eben zur Idee des Urlaubs? Leider bleiben diese Fragen außen vor: Rieppel, wie auch der Autor des zweiten Films („Attentat im Paradies“, 21.20 Uhr“), Piet Eekman, hysterisieren mehr, als dass sie aufklären. Hoffentlich avanciert die anschließende Diskussion (ab 21.50 Uhr) nicht zum allgemeinen Einerseits-Andererseits: Wenn man schon in Länder mit islamistischem Potenzial fährt, möchte man zumindest wissen, worin diese Gefahr besteht: Auch das wäre eine Art von Länderkunde, die jeden Bildungsreisenden erfreut. Ansonsten weiß doch jeder: Jedes Attentat ist schrecklich, aber gleichzeitig finden sie so selten statt, dass niemand sich von irgendeinem Trip abhalten lässt. Andernfalls wäre New York in den Siebzigern ein touristenfreies Pflaster geblieben. JAN FEDDERSEN