Wer sagt, was er will, gewinnt : Italien: Deutliche Abfuhr für EU-GegnerVON MICHAEL BRAUN
In Italien reicht es nicht, Stimmung gegen Europa zu machen, um bei den EP-Wahlen abzusahnen – das jedenfalls musste die Liste „No Euro“ erfahren, die von den Wählern mit 0,2 Prozent nach Hause geschickt wurde. Europa genießt einen guten Ruf bei den italienischen Wählern, wie sich auch am Sonntag wieder zeigte. Mit 73 Prozent liegt das Land bei der Wahlbeteiligung eindeutig in der Spitzengruppe, und das Votum prämierte ebenso eindeutig die proeuropäischen Kräfte – auch wenn die Motive der Entscheidung vorwiegend innenpolitischer Natur waren.
Als Wahlsieger darf sich die Mitte-links-Opposition fühlen, die aus ihrer positiven Haltung zur europäischen Integration nie einen Hehl gemacht hat. Sie erhielt insgesamt gut 46 Prozent der Stimmen und überrundete damit das Berlusconi-Lager. Stärkste Kraft der Opposition ist nun mit 31 Prozent das Listenbündnis „Geeint im Ölbaum“. Die Medien nennen es auch gern „Liste Prodi“, denn der im Oktober aus dem Amt scheidende EU-Kommissions-Präsident hatte die Listenverbindung angeregt. Sein Konterfei zierte die Wahlplakate, ein Vorgriff auf die nationalen Wahlen im Jahr 2006, in denen der überzeugte Europäer Ministerpräsident Berlusconi schlagen will.
Berlusconi selbst probte gestern schon einmal die Verliererrolle. Seine Forza Italia stürzte auf 21 Prozent ab und blieb damit fast 9 Prozentpunkte unter den Resultaten der letzten nationalen Wahlen 2001. Der Versuch der Partei, die steigenden Preisen und das flaue Wachstum auf die EU und damit auf Prodi abzuschieben – „Der Euro ist an allem schuld!“ – ist damit gescheitert. Stattdessen hat Berlusconi nun auch in der eigenen Koalition das Problem, dass die italienischen Wähler den kleinsten Partner, die Christdemokraten, deutlich stärkten: Die rundum europafreundliche Partei konnte ihren Stimmenanteil fast verdoppeln und erhielt knapp 6 Prozent. Da macht auch der leichte Zuwachs der aggressiv gegen die EU ausgerichteten Lega Nord – sie konnte sich auf 5 Prozent verbessern – das Votum nicht zu einem Plebiszit gegen Europa. Mit Ausfällen gegen die EU – mal als „neue Sowjetunion“, mal als „neues Naziregime“, lässt sich in Italien eine kleine populistische Nische bedienen –, mehr aber auch nicht.