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Archiv-Artikel

Hundstage in Berlin

Ein Gesetz soll die Berliner Hundeverordnung ablösen. Die rot-rote Koalition hält an einer Rassenliste fest, eine schwarz-grüne Koalition ist dagegen. Definition von „gefährlich“ bleibt Streitpunkt

von NICOLAI KWASNIEWSKI

Die Parteien kommen auf den Hund – vor allem die Opposition. Die FDP kämpft für höhere Bußgelder gegen den Kot, CDU und Grüne kämpfen für ein echtes Hundegesetz: Die Berliner Hundeverordnung vom Juli 2000 soll ersetzt werden. Auch die Koalition will das. „Wir brauchen dringend ein Gesetz, die Verordnung ist einfach nicht mehr ausreichend“, bestätigt die Sprecherin der Sozialsenatorin, Regine Kneiding. Nach der Sommerpause soll ein eigener Gesetzesvorschlag in den Senat eingebracht werden.

Gestern hat die CDU ihren Hundegesetz-Vorschlag präsentiert, der dem vor Jahresfrist vorgestellten Entwurf der Grünen erstaunlich nahe kommt. Die Hauptforderungen sind nahezu deckungsgleich: Beide Parteien wollen allen Hunden einen Mikrochip mit Daten zu Hund, Halter und Züchter unter die Haut pflanzen. CDU-Tierschutzexperte Uwe Schmidt schwärmt: „Da können Unmengen von Daten gespeichert werden.“ Probleme mit dem Datenschutz sieht er nicht. Das Datensammeln könne man „freien Organisationen übergeben“. Die CDU verspricht sich davon unter anderem ein Ende des Aussetzens von Hunden, die Grünen-Abgeordnete Claudia Hämmerling findet: „Der Chip gehört in den Hund.“ Der Koalitionsentwurf indessen sieht Chips nur für die „gefährlichen“ Hunde vor.

Bei der Definition von „gefährlich“ scheiden sich allerdings die Geister bei Schwarz, Rot-Rot und Grün. Für die CDU ist ein Hund gefährlich, sobald er das bewiesen hat. Also Hunde, die wiederholt andere Hunde oder Menschen gebissen haben, die „unkontrolliert Wild oder andere Tiere hetzen oder reißen“ oder auf Kampfbereitschaft abgerichtet wurden. Rassenlisten lehnt die CDU ebenso ab wie die Grünen. Das von der Koalition geplante Gesetz wird jedoch eine verkürzte Rassenliste beinhalten und damit „gefährliche“ Hunde definieren. Hämmerling kritisiert daran, dass laut Beißstatistik keine Rasse gefährlicher ist als eine andere. Zudem ließen sich Hunderassen nicht einmal genetisch auseinander halten.

Die Grünen fordern statt der Rasseneinteilung einen Sachkundeunterricht für alle Hundehalter, deren Hunde „groß“ sind. Groß heißt dann: mehr als 40 cm Schulterhöhe oder ein Gewicht von über 17 Kilogramm. Claudia Hämmerling erklärt die willkürliche Grenze mit einem Vergleich: „Auch ein 6,5-Tonnen-Lkw richtet bei einem Unfall Schaden an, trotzdem braucht man erst ab 7,5 Tonnen einen anderen Führerschein.“ Da bleibt die Grüne im Bild, wenn sie einen „HÜV“ fordert, einen „Hundeüberwachungsverein“, der die großen und gefährlichen Hunde regelmäßig überprüft und dann eine Plakette aushändigt, die am Hundehalsband befestigt wird – damit jeder Passant sehen kann, ob ein Halter sachkundig ist. Passend dazu sieht auch der CDU-Entwurf einen Hundeführerschein vor, im Parteiendeutsch heißt der „Sachkundenachweis“. Der soll für Halter „gefährlicher Hunde“ zwingend vorgeschrieben werden, alle anderen dürfen ihn freiwillig machen.